Agile Culture Coach Ausbildung

Die erste Staffel unserer Agile Culture Coach Ausbildung war schnell ausgebucht, die Qualifizierung von 15 agilen Prozessberaterinnen und Prozessberatern aus den unterschiedlichsten Branchen und Organisationen läuft bereits und die wertschätzenden Rückmeldungen sowie die große Resonanz zeigen:

Mit unserer neu konzipierten Ausbildung haben wir genau die Themen adressiert, die Unternehmen aktuell umtreiben. Planen trotz Volatilität, Steuern ohne Vorhersage, Führen in unsicheren Zeiten, Stabilisieren trotz Flexibilität … bei all dem brauchen wir engagierte und kompetente Menschen, die die Agile Transformation in ihrer Organisation vorantreiben.

Wegen der großen Nachfrage starten wir im September die zweite Staffel, wir haben noch wenige Plätze frei. Wir freuen uns auf Sie! Weitere Informationen zu unserer Ausbildung finden Sie hier.

 


 

Dimensionen der Agilität

»Agilität« avanciert im Moment zu einem der wichtigsten Begriffe, mit dem man beweisen kann, dass man »auf der Höhe der Zeit« ist. Mitunter provoziert man mit diesem Wort jedoch auch schon negative Abwehrreaktionen. Jenseits von Effekthascherei und Bullshit Bingo stecken hinter dem Begriff jedoch wertvolle Gedanken und Konzepte, die Teams, Organisationen und Führungskräfte in der VUCA-Situation handlungsfähig machen.

In der Diskussion merkt man oft, dass ein sehr schwammiges Verständnis von Agilität vorherrscht. Dies mag daran liegen, dass der Begriff in unterschiedlichen Kontexten durchaus unterschiedliche Nuancen trägt. Um ein wenig Klarheit in die Diskussion um und mit diesem Begriff zu bringen, möchte ich diese unterschiedlichen Dimensionen von Agilität kurz skizzieren. Am Ende des jeweiligen Absatzes verweise ich auf frühere Texte, die das jeweilige angerissene Thema weiter erhellen.

»Agil«

Schlägt man das Wort »agil« nach, so stößt man auf Synonyme wie »betriebsam´, »beweglich«, »energiegeladen«, »flink«, »geschickt«, »gewandt«, »lebhaft«, »rege«, »unruhig«, »wendig«. Dieses sehr aktive Assoziationsfeld hängt mit der Etymologie des Begriffs zusammen, denn das lateinische agilis stammt von agere für »tun«, »machen« oder »handeln«. Der derzeitige Bedeutungshorizont rührt vor allem aus der Softwarebranche, in der Programmierungs- und Projektmethoden durch alternative Ansätze »agilisiert« wurden.

Agile Mindset

2001 unterschrieben 17 Personen aus dem Programmiererumfeld das Manifest für Agile Softwareentwicklung, welches den Fokus auf vier Punkte legt: Individuen und Interaktionen werden als wichtiger erachtet als Prozesse und Werkzeuge, genauso wie ein funktionierendes Produkt größeren Stellenwert besitzt als eine umfassende Dokumentation. Mehr als jede Vertragsverhandlung wird die Zusammenarbeit mit dem Kunden favorisiert und das Reagieren auf Veränderung hat Vorrang vor dem Befolgen eines Plans. Abgeleitet aus diesem Manifest wurden 12 Prinzipien: Kundenzufriedenheit, Offenheit für Veränderung, iteratives Entwickeln, intensive Zusammenarbeit, Fokus auf ein motivierendes Umfeld, Face-to-face-Kommunikation, funktionierende Produkte als Fortschrittsmaß, gleichmäßiges Tempo, technische Exzellenz und gutes Design, Einfachheit, Selbstorganisation und Selbstreflexion. Diese Auflistung fasst gut das Mindset zusammen, welches für das Funktionieren aller agilen Praktiken und Konfigurationen notwendig ist.

Siehe ebenfalls die Blogbeiträge VUCA-Aikido, Improvisieren, Agil und lean

Agile Praktiken und Methoden

Agile Praktiken und Methoden versuchen mit ihrem jeweiligen spezifischen Ansatz, die oben genannten Prinzipien zu realisieren. In der Softwarebranche finden sich hierzu Ansätze wie zum Beispiel Adaptive Software Development, Crystal, oder Extreme Programming. Über die Softwareentwicklung hinaus wirkt mittlerweile Scrum. Wie die anderen agilen Methoden versucht deren bekanntester Vertreter Scrum die Aufwandskurve so gering wie möglich zu halten, indem ein Entwicklungsrahmen definiert wird, innerhalb dessen ein Entwicklerteam selbstorganisiert, auf empirischer Grundlage und iterativ an sogenannten Inkrementen des Produkts arbeitet. Ziel hierbei ist es, in kurzen Intervallen (sog. Sprints, max. 30 Tage) jeweils eine (Teil-)Funktion des Produkts fertigzustellen – inklusive Planung, Entwicklung, Realisierung und Test. Gemeinsam mit dem Product Owner (der die Verantwortung für das Produkt trägt) und dem Scrum Master (der dafür sorgt, dass die wenigen Scrum-Regeln eingehalten werden) reflektiert das Entwicklerteam (das selbstorganisiert die Produktfunktionialitäten liefert) regelmäßig Produkt, Prozess und Zusammenarbeit, um effizienter zu werden und voneinander zu lernen.

Agile Team

Unter einem agilen Team wird meist eine kleine Gruppe von Mitarbeitern verstanden, die ein klares gemeinsames Ziel hat, das sie ohne einen Vorgesetzten selbstorganisiert zu erreichen sucht. Dies heißt nicht, dass ein agiles Team führungslos ist. Je nach Art der Aufgabe und Situation etabliert sich im Team bzw. aus der Gruppe heraus informelle Führung: Ein Mitglied übernimmt zeitweise z.B. die thematische Führung, gibt diese jedoch wieder ab bzw. an jemand anderes weiter, wenn sich die Situation entsprechend ändert. Ein agiles Team kann, muss aber nicht unbedingt agile Praktiken und Methoden benutzen. Optimalerweise reflektiert sich jedoch ein agiles Team regelmäßig selbst und lässt sich gegebenenfalls supervidieren. Transparenz und eine offene Feedbackkultur ist grundlegende Voraussetzung, um als agiles Team arbeiten zu können. Die Zusammensetzung des Teams legt auf größtmögliche Diversität wert. Agile Teams sind idealiter interdisziplinär und crossfunktional zusammengesetzt. Unterschiedliche T-Profile der Mitglieder ergänzen sich; d.h. alle Teammitglieder teilen den gleichen Generalismus (horizontaler T-Strich), verfügen jedoch über unterschiedliche Expertisen (vertikaler T-Strich). Damit sind agile Teams bestens für komplexe Situation und unvorhergesehene Situationen vorbereitet.

Siehe ebenfalls die Blogbeiträge Multitude, Pirate Leadership

Agile Organisation

Eine agile Organisation ist bestrebt, so nah wie möglich am Kunden die Werte und Prinzipien des Agilen Manifests zu realisieren. Ohne dass es hier eine klare Definition gibt, werden die meisten agilen Organisationen als dezentralisierte Organismen beschrieben, die »die Macht« vom Zentrum in die Peripherie verschieben. Kleine, selbstverantwortliche und autonome Einheiten »docken« nah am Kunden »an«, um schnell dessen Wünsche zu erkennen und zu erfüllen. Diese »Zellen« sind voneinander unabhängig, womit der gesamte Organismus nicht in Gefahr gerät, wenn es einer Einheit schlecht geht. Gleichzeitig können sich die kleinen Organisationsteile jedoch in Kooperation mit anderen zusammenschließen, wenn dies für alle Vorteile bringt. Mit dieser Struktur ist die gesamte Organisation schnell auf- und abbaufähig, sie kann schnell »nach oben« oder »unten« skaliert werden. Im Zentrum der Organisation ist eine Serviceplattform bestrebt, Synergien der Organisationsteile zu bündeln und für die Peripherie dienstbar zu machen. Gleichzeitig werden alle Organisationseinheiten in ein dichtes Netzwerk miteinander eingesponnen, um voneinander zu lernen.

Siehe ebenfalls den Blogbeitrag Organismus

Agile Strategy

Jenseits von exakter Planung definiert eine agile Strategie eine fuzzy vision (Bouée), die breit genug ist, um unterschiedliche Wege zu ihr zuzulassen. Der Weg dorthin wird vor allem effektuierend angegangen. Man orientiert sich an den Mitteln, die bereits vorhanden sind und identifiziert das Potenzial aller möglichen Zieloptionen. Die finanzielle Planung fokussiert sich nicht auf den Return on Invest, sondern auf den maximal leistbaren Verlust, um Risiken zu minimieren. Die Implementierung der Strategie wird iterativ Schritt für Schritt mit effizienten Taktiken gegangen unter Nutzung (und nicht unter Ausschaltung) von Umständen und Zufällen. Feste Grundlage einer solchen effektuierenden Strategie ist der Aufbau vertrauensvoller Partnerschaften, welche Co-Creation nutzen und Risikominimierung erlauben.

Siehe ebenfalls die Blogbeiträge Chinesische Strategie, Erzählen, Effektuieren

Agilität Führen

Um Agilität in alle ihren Dimensionen realisieren zu können, bedarf es einer alternativen Form der Führung. Die Führungskraft stellt sich nicht mehr über das Team und an die Spitze der Organisation, sie führt nun von der Seite bzw. aus der Mitte heraus. Eine Agilität fördernde Führungskraft vertraut auf und ermächtigt das Potenzial intrinsischer Motivation im Mitarbeiter und der Fähigkeiten von Individuen und Gruppen, sich selbst zu organisieren (Theory Y). Sie kuratiert Themen, steht als Coach dem Team zur Verfügung und gibt und nimmt detailliertes und intensives Feedback. Solche Führungskräfte verstehen sich als Gärtner der Organisation: Sie hegen und pflegen eine Kultur des Vertrauens und der Wertschätzung, in welcher sich das gesamte Potenzial der Mitarbeiterschaft voll entfalten kann…

Siehe ebenfalls die Blogbeiträge: In-Waste-Ment, Kuratieren, Irreparabel, Pirate Leadership

Agile Transformation und Agile Culture Coaching

Unternehmen und Organisationen, die Agilität aufbauen möchten, stehen meist vor einem massiven Kulturwandel. Agile Transformation bedeutet dann, in vielen Dimensionen der Agilität gleichzeitig Veränderung zu generieren: Menschen in ein neues Mindset und agile Praktiken in die Anwendung zu bringen, Teams neu aufzubauen und Organisation anders zu konfigurieren, strategische Planung und Führungsmodelle neu aufzusetzen. Solche Veränderungen lassen sich professionell gestalten durch die Begleitung von Experten, die über ein substanzielles Wissen zum Thema Agilität verfügen und prozesserfahren mit Menschen, Organisationen und Kulturen umgehen können.

Um die agile Transformation aus Unternehmen heraus zu unterstützen, bietet SYNNECTA ab April 2016 mit der Ausbildung zum Agile Culture Coach eine Qualifizierung in agiler Prozessbegleitung (inkl. Vorbereitung zur Scrum Master Zertifizierung) an. Mehr Informationen zur Ausbildung Agile Culture Coach finden Sie auch hier.

Johannes Ries