Tischrunde: Von Bingo zur Vielfalt

Diese Person: hat 3 Kinder, ist nicht hetero, spricht drei oder mehr Sprachen, hat schon mal im Ausland gelebt, ist jünger als ich, hat nicht studiert, kann Golf spielen, lebt alleine, ist Führungskraft von über 100 MitarbeiterInnen.

Bingo spielen wir nicht mit Zahlen, sondern mit Beschreibungen. Eine Beschreibung, die »auf den ersten Blick« auf eine andere Person im Raum zutrifft. Ich gehe auf die Person zu und frage sie, ob meine Annahme wirklich stimmt. Meine Bilder im Kopf über andere. Die Beschreibungen werden zu Zuschreibungen. Manche Fragen sind unverfänglich, einige kritisch und manche sind echte Tabuthemen. Was ist schwieriger: fragen oder gefragt zu werden?

In der SYNNECTA Tischrunde »Wachsende Vielfalt – von Barrieren zur Ressource. HR als Initiator für mehr Diversity Awareness« am 21. April 2016 in Köln kommen Menschen zusammen, die in der HR, PE, OE kleiner und großer Organisationen tätig sind. Von eigenen Erfahrungsberichten, über Role-Model-Funktion der HR Abteilungen, zu harten Fakten der Strategie: wir diskutieren Faktoren eines umfassenden Diversity Managements und was wir als SYNNECTA in diesem Feld beraterisch anbieten.

In unserer Rolle als BeraterInnen richten wir den Blick auf Organisationsstrukturen, und auf die Handlung von Menschen, wir fragen nach dem Warum und Wie. Diversity Management ist Teil von OE/Change Management, es erfordert ein Umdenken, ein Erneuern von Prozessen und individuellem Verhalten. Weil Vielfalt so vielfältig ist, widmen wir uns drei Diversity-Kategorien: Alter, sexuelle Orientierung, kulturelle Herkunft.

Wie können Unternehmen mit der demographischen Entwicklung umgehen? Was bedeutet eigentlich alter(n)sgerechte Führung? Wie können Unternehmen mögliche Benachteiligungen aufgrund des Alters bereits in ihrer Personalplanung entgegenwirken? Wertvollen Input gibt uns die Gastreferentin Dr. Anna-Maria Aldorf zu Alter und Demographie.

Zur Kategorie der sexuellen Orientierung, ein großes Tabuthema in deutschen Unternehmen, geben Magnus Anschütz und Julia Steding bedeutende Gedankenanstöße. Als ReferentInnen unseres Kooperationspartners anyway e.V. (SchLAu-Team) machen sie deutlich, dass sexuelle Orientierung wesentlicher Teil menschlicher Identität ist: Wer das volle Potential der Menschen nutzen möchte, muss die Kategorie der sexuellen Orientierung integrieren und mitdenken.

A.Krishna, Financial Director of Bosch RBEI India, zuvor in leitender HR Funktion in Indien, inspiriert mit seinen Erfahrungen aus inter-/transkulturellen Arbeits- und Lebenswelten in Indien und Deutschland. Wie passen Globalisierung und local habits zusammen? Wie lassen sich koloniale Denkweisen und Arbeitsstrukturen aufbrechen und neue, gerechte globale Arbeitswelten schaffen? Wie funktioniert kultursensible Leadership und was kann HR beitragen, damit Herkunft und Kultur keinen Grund zur Diskriminierung darstellt, sondern als Bereicherung wahrgenommen und genutzt wird?

Diese Tischrunde zeigt einmal mehr, dass es in der OE um die persönlichen Erfahrungen von Menschen geht. Als Beratung stellen wir essentielle, teilweise unbequemen Fragen, holen Menschen aus der Komfortzone heraus, jedoch immer die »Sicherheit« aller im Blick. Beim Diversity Management können keine Standardlösungen aufgefahren, sondern zusammen mit den Menschen die Bedarfe im Kontext der Unternehmenziele analysiert werden. Unser Diversity Management-Start beginnt auf Ebene des menschlichen Bewusstseins. Prozesse und Struktur wie bspw. Bewerbungsverfahren können angepasst werden. Zwar sind für einen HRler diese Elemente ein wichtiges Hilfsmittel, er oder sie muss aber insbesondere sensibel interagieren (eigene Sozialkompetenz und Diversity Awareness) und geschult (Wissen) sein. Im Personalgespräch oder Job-Interview ist es die Aufgabe der HRlerIn, diversitykompetent zu sein und Entscheidungen entlang der Diversity-Strategie des Unternehmens zu treffen. Die individuelle Verantwortung und Eigenverantwortung (free radicals) von staff und leader kommen im Anschluss zum Tragen.

Es ist deutlich, diversity ist ein sensibles Thema, Vermeidung ist eine klassische Form des Umgangs mit Unterschieden. Dies vermeidet Konflikte. Zugleich wird klar, Vermeidung bedeutet, die Reduzierung von Leistungspotential und es vermindert das Engagement von Mitarbeitern. Deshalb, sensibles Vorgehen, ja – aber wer etwas bewegen will muss sich auch der Auseinandersetzung stellen und sich aus den Schaufensteransätzen herauswagen. Wirkliche Agilität wird es ohne diversity nicht geben.

Die Produktion eines »diversity tree« mit bunten Fingerabdrücken aus Wasserfarben macht noch keine neue Unternehmensstrategie. Sie bildet die Individualität ab, die im Raum ist, Symbol für das gemeinsame Wachsen an solchen Tischrunden-Tagen, für die Verästelung von Meinungen, Erfahrungen, Inhalten, Interessen, und zugleich für den »menschlichen Stamm«, der uns alle verbindet.

Eine Frage wird noch diskutiert: Ist es sinnvoll und notwendig, am CSD teilzunehmen, auch wenn ich selber dieses Event eigentlich gerne meiden würde? Überzeugen Sie sich selbst im Juli 2016 und nehmen Sie am Kölner SYNNECTA Sommerseminar »Diversity und sexuelle Identitäten« teil.

Hanna Göhler

Alter!

»Eine Gesellschaft, die das Alter nicht erträgt, wird an ihrem Egoismus zugrunde gehen.« Willy Brandt

Wie alt bist Du?

Mit sechs Jahren fühlte ich mich alt. Weil bald die Schule anfangen würde. Mit achtzehn nicht erwachsen. Und jetzt? Je nachdem, wer mich anschaut und mit mir spricht, dann fühle ich mich jung, mittel, alt. Oder frisch, unfrisch, erfahren, unerfahren. Warum will die Dermatologin mir Anti-Falten-Cremes verkaufen? Ich dachte, die Gen Y ist immer jung?

Wer geboren wurde, ist rechtsfähig. Ob Schulpflicht, Strafmündigkeit oder Wahlrecht: Altersstufen und Altersgrenzen markieren besondere Abschnitte in unseren Biographien. Zeit, Anfang, Ende, Entwicklung, Veränderungen. Das eigene Alter ist nur eine simple Zahl, aber bringt Welten von Bedeutungen mit sich. Ein gesellschaftliches Konstrukt: Es gibt ein kalendarisches und soziales Alter, ein psychologisches und biologisches Alter. Diese Festlegungen folgen keiner natürlichen Notwendigkeit, sondern sind gesellschaftliche Übereinkommen, mit denen wir aufwachsen, und die wir nicht selten als gegeben annehmen. Von solchen Festlegungen lassen wir unsere individuelle Identität prägen. Für Unternehmen und im Diversity Management spielt das Alter von Mitarbeitenden ebenfalls eine große Rolle, etwa im Jugendarbeitsschutzgesetz, bei Kitaplätzen im familienfreundlichen Betrieb oder bei der Altersvorsorge. Aber auch in Bezug auf Funktion, Stellenbesetzung, Teamzusammensetzung, und im Alltag auf Verhaltensebene zwischen einzelnen Mitarbeitenden.

Der Begriff »Alter« bezieht sich auf jedes Lebensalter. Und zu jeder Altersstufe gibt es Zuschreibungen. Hinter »jung« oder »alt« stecken oft Vorannahmen und Vorurteile: Etwa, dass junge Menschen wenig Erfahrung hätten oder ältere nicht mehr flexibel seien. Für uns als Organisationsberater stellt sich die Frage: Welche Art von Zuschreibungen, Regeln und Normen sind maßgebend und formen die Organisationskulturen? Was bedeutet das für das Arbeitsklima und die Leistungs- und Arbeitsprozesse? In international agierenden Unternehmen kommt die Frage hinzu, inwieweit im globalen Team die Bedeutungen von Alter und die entsprechenden Erwartungen differieren, die abhängig und geprägt sind von Kultur und Gesetzen eines Landes.

»Nichts zeigt das Alter eines Menschen so sehr, wie wenn er die junge Generation schlecht macht.« Hermann Hesse

Im Jahr 2020 wird jeder zweite in Deutschland über 50 Jahre alt sein. Alle Generationen müssen das jetzt, hier und heute, bewusst notieren und in ihre Agenden aufnehmen. Es geht um Prozesse des Alterns, aber auch um die Integration verschiedener Generationen. Denn zwar altert Deutschland, aber die internationale Migration verbunden mit dem Fachkräftemangel bringt junge Generationen ins Unternehmen. Das ist keine Zukunftsmusik, sondern passiert gegenwärtig. In einem holistischen DiM-Ansatz sollte es deshalb realistischerweise um die Bedarfe und Bedürfnisse aller Generationen und Altersstufen gehen. Bei allen Mitarbeitenden sollte das Bewusstsein geschaffen werden, dass alle Mitarbeitenden voneinander lernen können. Das ist leichter gesagt, als getan.

Ganz gleich, auf welcher Kategorie im DiM der Fokus liegt: In Unternehmenskulturen, in denen hierarchische Karriereleitern, Senioritätsprinzipien und Autoritätshörigkeit zur Normalität gehören, erfordert die Entstehung eines neuen Bewusstseins enorme Veränderungen sowohl in der persönlichen Haltung und im alltäglichen Umgang miteinander als auch in den organisationalen Strukturen. Egal, wie alt du bist.

In Bezug auf die Frage, was Alter mit Erfahrung und Fähigkeit zu tun hat, plädiere ich für eine dekonstruktivistische Haltung. Habt Vertrauen in das (jeweilige) Alter und in die Individualität des Menschen. Die Mentalität und Performativität sollten ausschlaggebender sein, als das Bild im Kopf, das ich über mich oder dich habe. PS: Ich werde keine Anti-Falten-Creme benutzen.

Bei unserer Tischrunde »Diversity« am 21. April 2016 diskutieren wir mit Ihnen über die Möglichkeiten von OE-Maßnahmen zur Kategorie Alter sowie zu Herkunft und sexuelle Orientierung und zeigen Ihnen unsere SYNNECTA »Growing Diversity«-Beratungsansätze.

Hanna Göhler

Rundum vernetzt – 2. SYNNECTA Tischrunde

Unternehmen 2.0 führen – Transformation zu mehr Offenheit

Was wir schon vor der Tischrunde wussten: Das Internet ist nicht kollabiert. So hatte es Robert Metcalfe, Erfinder des Ethernet, in den 1990ern prophezeit. Das Internet hat sich sogar weitesgehend durchgesetzt. Es gilt, sich dieser Tatsache zu stellen und ein Bewusstsein für die Bedeutung und Deutung digitaler Sphären zu schaffen. Unternehmen und Konzerne sind aufgefordert, die digitale Entwicklung verantwortungsvoll zugestalten und Transformation hin zum E 2.0 zu ermöglichen. Dazu müssen sich Menschen in Bewegung setzen.

Unternehmen 2.0 (Enterprise 2.0 / E 2. 0) steht für das hoch vernetzte Unternehmen. Im optimalen Sinne bedeutet dies, dass Kommunikation und Zusammenarbeit weiterentwickelt werden, bis hin zu einer agilen, flexiblen und offenen Kollaboration. Was sind notwendige Voraussetzungen und günstige Bedingungen für E 2.0, mit welchen unmittelbaren und unvermitteltenden Konsequenzen müssen Unternehmen rechnen? Und was hat Personalentwicklung eigentlich damit zu tun?

Um Fragen wie diese zu diskutieren, hatten wir im Oktober zur zweiten Tischrunde eingeladen. Ort der Inspiration war uns der raum13 Zentralwerk der schönen Künste in Köln-Deutz. Ein symbolträchtiger Ort der Industrialisierung. Hier wurde der Ottomotor gebaut und das bewegt seither die Welt. Die Geschichte und das Jetzt des raum13 nimmt uns mit auf eine Reise in ambiges Leben mit verunsichernden Umbrüchen, wir tauchen ein in vorige Jahrhunderte und in vucarisierte Zustände der Industrialisierung. Die zweite Tischrunde thematisiert und kommentiert die aktuellen Entwicklungen von Vernetzung, Digitalisierung und die Rolle von HR in dieser Transformation.

»Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten – allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren«, sagte einst Gottlieb Daimler (1834 – 1900). Heutzutage mangelt es eher am Verständnis für Abgas-Skandale; massenhafte Überproduktionen gehören zur post-industriellen Normalität kapitalistischer Ordnung. In heutiger globaler Landschaft geht es um viel Virtuelleres, wenngleich nicht weniger reales: um Information und Daten. Das Spektrum reicht von Big Data, Verschlüsselung, Industrie 4.0 bis hin zu Persönlichkeitsrechten, Transparenz oder dem individuellen virtuellen Dasein. In Unternehmen werden neue Ausbildungen und Stellen geschaffen, etwa die des »Community Managers«, wie uns Katharina Perschke berichtet, eine der ExpertInnen, die wir zur Tischrunde eingeladen hatten.

Das technische Vehikel für offene Kollaboration liefern Web 2.0-Technologien: soziale Netzwerke, virtuelle Communities, Blogs, Wikis oder File-Sharing. Solche technischen Innovationen sind den kulturellen ein Stück voraus. Die Teilnehmenden der Tischrunde sind sich einig, dass die Möglichkeiten der Technik einen tiefgreifenden Wandel von Unternehmenskulturen bedeuten. Diese Kulturen sind häufig jedoch noch von geschütztem Wissen, funktionaler und hierarchischer Positionsmacht und starrem Silo-Denken geprägt. So fragen sich die Teilnehmenden der Tischrunde, ob sich die eigenständigen Dynamiken auf Plattformen top down beinflussen lassen oder ob eingesehen werden muss, dass Einflussnahme gemindert ist und längst eine Machtverschiebung stattgefunden hat.

Dass wir Autos fahren und währenddessen auf einem mobilen Telefon per Email erreichbar sind, ist für viele von uns mittlerweile normal. Obwohl sich die Umwelten seit der industriellen Revolution geändert haben, wie uns im raum13 noch einmal bewusst wird, die Effekte für die Menschen bleiben. Neu-Gier, VUCA, Interesse an Progress und Kreation, ein Getriebensein. Unterscheiden sich die Fragen? Früher: Ab welcher Geschwindigkeit platzt der Mensch? Heute: In welchem Bewusstsein gestalte ich virtuellen Raum und meine digitale Identität? Diese Fragen sind Ausdruck einer grotesken Situation, in die Menschen sich begeben; und sie müssen gestellt werden.

Strukturen müssen sich ändern. HR muss flexibel und agil werden und gelassen werden. Bewegung durch Zeit und Raum verändert ihre innere Dynamik, ihre Schnelligkeit und ihre Art, wenn sie digital wird. Digitale Bewegungen im vernetzten Unternehmen werden Teil ständiger Erneuerung und Veränderung von Unternehmensstrukturen und -kulturen. Auf der Datenautobahn geht es nicht mehr um die Frage, ob man selber, sondern ob die Dotcom-Blase platzt. Mit anderen Bewegungen in digitalen Räumen bekommt die Dimension Zeit ebenfalls eine neue Bedeutung. Wann ist der richtige Zeit-Punkt, wer ist schneller: eine Entscheidung in der Führungsetage oder der Informations-Einfluss der digitalen Community? Was teile ich wann? Wer kontrolliert? Wann gehe ich mit wem wohin und welchen Weg nehmen wir?

Wir streben nach der Befähigung und Beteiligung der Mitglieder einer Organisation, und nach der Etablierung einer neuen »2.0 Führungskultur«. Es braucht eine Führung, die die Transformation hin zu mehr Offenheit zulässt und fördert. Es braucht eine Unternehmenskultur, die HR ermöglicht, tatsächlich neue Prozesse zu gestalten. Es braucht Mitarbeitende, die sich mit E 2.0 identifizieren. Kollaboration in einem Unternehmen 2.0 heißt, dass Menschen Verantwortung unter weniger autoritärer Führung annehmen können und wollen. Wege gehen und gehen lassen, die bisher allenfalls als Trampelpfade in Erscheinung treten.

»Computer sind nutzlos. Sie können nur Antworten geben.« (Picasso, 1946). Wie der Flieder im raum13 seinen Weg durch den Asphalt findet, durch Ritzen wächst und in Zwischenräumen blüht, den Ort re-naturiert und zu einem anderen macht, müssen Menschen ihre Organisationen und ihre Arbeitsweisen neu gestalten, sich im digitalen Raum zurechtfinden, darin Zwischenräume aufmachen und (sich) weiterhin Fragen stellen.

Wir danken dem raum13, Anja Kolacec, Marc Lessle, Verena Bildhauer, Ellen Spiegel sowie allen Teilnehmenden und den Gästen Rüdiger Schönbohm, Katharina Perschke (BOSCH), Björn Preußer (CBTL) für ihre Perspektiven und die Bereitschaft zum angeregten und offenen Austausch.

Hanna Göhler

In seinen Blogartikeln gibt Rüdiger Schönbohm einen spannenden Einblick in den Arbeitsbereich E 2.0:

Vielfältig vernetzt im Unternehmen der Zukunft: SYNNECTA und HR-Vertreter gehen in die zweite Tischrunde

Immer noch den überwältigenden Zuspruch der Teilnehmer aus der ersten SYNNECTA-Tischrunde und den reichhaltigen Erkenntnisgewinn präsent im Bewusstsein, geht es in strammen Schritten auf die nächste Auflage am 01. Oktober 2015 zu. Auch dieses Mal werden Schlüsselfiguren aus dem HR-Bereich gemeinsam mit SYNNECTA-Beratern an spannenden und hochaktuellen Business-Themen der Zukunft arbeiten.

»Unternehmen 2.0 führen – Transformation zu mehr Offenheit« lautet der Titel des reichhaltigen Programms. Um das vernetzte Unternehmen wird es gehen: darum, wie technischer und kultureller Wandel hin zu Digitalisierung und Schnelligkeit ein Unternehmen kulturell reichhaltiger, kreativer, offener, agiler und kooperativer machen kann, ungenutztes Wissen nutzbar macht, Führungskräfte, Teams und Mitarbeiter befähigt und sie ihr Potenzial ausschöpfen lässt.

Was genau verbirgt sich hinter Vernetzung, beziehungsweise dem vernetzten Unternehmen? Warum nun auch noch »vielfältig vernetzt«? Aus unserer Sicht ist das vernetzte Unternehmen nicht eindimensional zu betrachten, sondern auf verschiedenen Ebenen. Dies mag zunächst noch komplexer und bedrohlicher klingen, als es die Ebene der neuen Technologie für manchen ohnehin schon tut. Richtig ist aber, dass die digitale Vernetzung insbesondere in ihrer Mehrdimensionalität den Fokus immer stärker auf den Menschen und seine Fähigkeiten lenkt und somit einen Gewinn für die gesamte Organisation bringt – sofern sie in die richtigen Bahnen gelenkt wird.

Um einen Blick auf die drei Ebenen der vernetzten Arbeitswelt zu werfen, beginnen wir zunächst bei der Technologie. Insbesondere geht es hier natürlich um die Web 2.0-Technologien wie soziale Medien. Diese werden verstärkt für die direkte Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden genutzt. So entsteht Nähe – der Kunde gibt direkter und schneller Feedback, was ein viel schnelleres Reagieren und kreativere Lösungen erfordert.

Web 2.0 kann auf diese Weise die Innovationskraft einer Organisation enorm fördern. Unternehmensintern gelingt durch digitale Medien ein weitaus effektiverer Wissensaustausch. Oftmals liegt bei den Menschen im Unternehmen eine Menge informelles Wissen, aber auch explizites Wissen, zu dem kein Zugang ist. Dieses zu nutzen, öffnet Möglichkeiten, das Potenzial einer Organisation wirklich auch auszuschöpfen.

Vernetzung allein auf die Einführung von Web 2.0-Technologien zu beschränken, wäre allerdings zu kurz gegriffen. Vernetztes Unternehmen ist Ausdruck einer ganz neuen Art, Unternehmen zu denken und zu leben. Die Vernetzung von Menschen und Gruppen, selbst organisiert und autonom handelnd, in der die Bindung vor allem über gemeinsam geteilte Visionen und Werte sowie über eine gemeinsame Plattform läuft – dass daraus ein gut funktionierendes und bereicherndes System entstehen könnte, hätte vor 30 Jahren vermutlich niemand geglaubt.

Wir sehen Unternehmen als lebende, soziale Systeme. Die Aufmerksamkeit muss folglich auf den Menschen und ihrem Potenzial liegen, auf ihrer Kreativität und Innovationskraft und auf der Synergie, die sich aus der Vernetzung ergibt – im Gegensatz zu funktionalen Strukturen und bürokratischen Abläufen. Ein Unternehmen kann hierdurch an Schnelligkeit gewinnen und prompter Neues generieren und umsetzen.

Was für einer Kultur bedarf es, die das möglich macht? Welche Veränderungen in Richtung Vernetzung sind nötig? Hier setzen wir die dritte Ebene des vernetzten Unternehmens an. Um sich von Hierarchie und Prozessen hin zu Autonomie und Kreativität zu bewegen, bedarf es im Unternehmen einer neuen Führungskultur. Ganz konkret bedeutet dies zum Beispiel, dass Teams weniger Kontrolle unterliegen, dafür Kommunikation und Zusammenarbeit und schlussendlich Agilität gefördert werden. Gelingen kann das u.a. mit alternativen Zielvereinbarungskonzepten, in denen nicht das Individuum eine persönliche Zielvereinbarung hat, sondern stattdessen das gesamte Team.

Weitere Möglichkeiten und Techniken, wie man im Unternehmen 2.0 Vernetzung nutzen und fördern kann, möchten wir am 1. Oktober vorstellen und gemeinsam mit den Teilnehmenden erarbeiten. Als SYNNECTA fragen wir dabei vor allem aus der Sicht von Menschen, Gruppen, Organisationen. Welche Auswirkungen – neben den bereits genannten – hat die Vernetzung in und für Unternehmen? Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um diese erfolgreich zu nutzen und zu bewältigen?

Zusätzliche Information und viele inspirierende Eindrücke wird uns dabei die besondere Location des raum13 geben, inmitten von Kunst, Medien und dokumentierter Zeitgeschichte. Wir freuen uns und sind gespannt auf einen arbeits- und erkenntnisreichen Tag.

Andreas Lindner

HR als Co-Creator einer neuen Führung

15 HR-Entscheider aus unterschiedlichen Unternehmen setzten sich in abwechslungsreichen Methoden mit dem Input und den Thesen der SYNNECTA zu »Neue Führung – auf dem Weg in eine zukunftsfähige Arbeitswelt« – HR als Co-Creator einer neuen Führung – auseinander.

Die dynamischen Veränderungsbewegungen, wie Krise der hierarchischen Organisationen, die deutlich sichtbaren Folgen der Globalisierung, die sich in ganz anderen Dynamiken entwickeln, als es die kolonialen Denkweisen westlicher Unternehmen erwartet hatten, der digitale Umbruch und die Sinnsuche der Menschen, besonders stark ausgedrückt und gelebt von den jüngeren Generationen, wie der Gen Y and X, prägen das Umfeld und verstärken den Veränderungsdruck.

Schnell bildeten sich in den Diskussionen die kulturellen Voraussetzungen für Neue Führung heraus: Offenheit und Vertrauen als Voraussetzung für die neuen Arbeitsweisen, die auf »Sharing« angewiesen sind. Volability und Resilienz als persönliche Voraussetzungen, um die anstehenden Transformationen souverän mitgestalten zu können. Welche neuen Führungskompetenzen werden in Zukunft die bestehenden Kompetenzmodelle ergänzen oder ersetzen müssen. Die Modernisierung der Organisationen über die Ergänzung der Hierarchie durch Netzwerke, die Entwicklung und Pflege der entstehenden hybriden Organisation, das Verstärken eher begleitender Massnahmen, wie Supervision und Coaching, intensive Nutzung aller Formen von Beteiligungsansätzen, z. B. Appreciative Inquiry, FutureSearch, BarCamp, Open Space, die die direktiven TopDown-Interventionen mehr und mehr ablösen, und die Bewahrung des emotionalen Zusammenhalts des Unternehmens trotz agiler Teams und fluiden Arbeitseinheiten wird maßgeblich von HR zu initiieren und zu veranstalten sein.

Obwohl die Teilnehmer (AXA, BASF, Bosch, Generali, Rexroth, Gira, Kuka, Sparkasse u.a.) schnell feststellten, dass sie alle eine unterschiedliche Ausgangslage und Dringlichkeit für ihr Unternehmen sehen, gab es erkennbar eine große Inspiration, den Weg, der nur im Gehen entstehen wird, mutig zu beschreiten!

Jörg Müngersdorff