Ich selbst gebe mich gern der Vorstellung hin, in einem Alter von über achtzig Jahren in den Spiegel zu schauen und dort eine Persönlichkeit zu entdecken, die irgendwie an Loriot oder Sir Peter Ustinov erinnert. Wenn ich diesen Menschen dann nicht liebe, wen dann?
Es gibt viele Psycho-Ratgeber, die empfehlen, dass man sich selbst lieben soll, weil man nur so glücklich im Leben wird. Zum Glück gehört dieses Buch nicht dazu.
»111 Gründe, sich selbst zu lieben« von Holger Reichard geht das Thema von einer wunderbar ironischen Seite an. Das wird schon bei einem Streifzug durch das Inhaltsverzeichnis klar, das unter anderem Gründe wie »Weil wohin sonst mit dem Taubenkot?« oder »Weil es Zeit spart« auflistet.
Vor allem besticht das Buch dadurch, wie kreativ und unterhaltsam der Autor vom Thema abschweift bzw. wie er es mit Aspekten in Zusammenhang bringt, an die man nie gedacht hätte. So erfährt man beim Lesen ganz nebenbei viel Wissenswertes und Amüsantes aus der Geschichte, Kunst, Literatur, Politik und Philosophie – und natürlich einiges über den Autor selbst. Eine ganze neue Sicht darauf, wie die Menschheit dahin gekommen ist, wo sie heute ist, tut sich auf.
Die Kapitel sind angenehm kurz. Abwechslungsreiche Zitate von den verschiedensten berühmten und weniger berühmten Persönlichkeiten stellen fast jedes Kapitel am Ende noch einmal in ein ganz neues Licht. Das ideale Buch für Leser, die Bücher nicht mögen, bei denen man vorher schon genau ahnen kann, was drinsteht oder wie sie ausgehen, sondern die auf eine unvorhersehbare Entdeckungsreise mitgenommen werden möchten.
Holger Reichard: 111 Gründe, sich selbst zu lieben.
Eine kleine Verbeugung vor der eigenen Großartigkeit
Deutsch | Schwarzkopf & Schwarzkopf 2009 | 275 Seiten
Sabine Anders