Warum Diversity ein Treiber für Innovationen ist
Nutzen Sie die Vielfalt Ihres Unternehmens für kreative Ideen
Wie werden wir innovativer?
Diese Frage wird für viele Unternehmen zunehmend dringlicher, um den Anschluss an den Wettbewerb nicht zu verschlafen. Ohne Innovationen läuft die Uhr für viele Unternehmen ab.
Der Countdown läuft:
- Ist Ihr Unternehmen schon in den Startlöchern, um die nächste Innovation zu »launchen«?
- Woher kommt die innovative Kraft in Ihrem Unternehmen?
Das Potenzial dafür schlummert bereits in vielen Unternehmen. Es gilt, dieses zu nutzen und das Unternehmen so von innen heraus zu stärken. Das kann bedeuten, Querdenkern Raum zu geben und auch einmal unbequeme Wege zu gehen. Mit einer disruptiven, innovativen Kraft kann sich selbst eine Monokultur öffnen – und so neue, innovative Perspektiven gewinnen.
Monokulturen weisen eine vergleichsweise geringe Komplexität auf – und produzieren zwar verlässliche, aber auch eher langweilige und vorhersagbare Antworten. Vielfalt hingegen erhöht die Komplexität; sie wirkt simplifizierenden Antwortmustern entgegen – sorgt somit für »unschärfere« Antworten mit höherer Ambiguität (Mehrdeutigkeit). Das ist anspruchsvoller – aber öffnet auch die Perspektive auf bessere, innovativere Lösungen.
Den Tiger reiten lernen – der Sprung zu mehr Innovation
Eine plausible These lautet:
»Ein Unternehmen kann nur denjenigen Markt bedienen, den es auch intern abbilden kann.«
So formuliert es Dr. Rüdiger Müngersdorff von der Managementberatung SYNNECTA, unserem Kooperationspartner in Sachen Organisationsentwicklung.
Abbildung: SYNNECTA Diversity-Einsichtbild®
Das Diversity-Einsichtbild® von SYNNECTA ist ein Werkzeug, mit dem Menschen in den Dialog gebracht werden. Die Themen rund um Vielfalt werden dadurch sichtbar und besprechbar.
Eine gesunde Vielfalt im Unternehmen sorgt also nicht nur dafür, dass die Produkte und Dienstleistungen treffsicher im Markt ankommen. Es sorgt auch dafür, dass eine vorwärtstreibende Spannung im Unternehmen herrscht, die neue Diskurse anstößt und Ideen generiert. Um die eigenen Gewissheiten immer wieder aufs Neue zu überdenken, zu reflektieren und damit auch morgen noch handlungsfähig zu sein.
»Spannungen im Unternehmen sollen gut sein?!«, fragen Sie sich jetzt vielleicht. – Hier ist es nützlich, zu differenzieren:
- Eine negative Spannung bezeichnet z. B. ein Klima der Angst, der Verschlossenheit oder persönlichen Ränkespiele. Menschen fühlen sich dort unsicher, verschließen sich und machen eher »Dienst nach Vorschrift«.
- Positive Spannung hingegen bezeichnet die kreative Energie, die durch das Zulassen unterschiedlicher Perspektiven entsteht. Kreative Prozesse sind keine Selbstläufer, sondern i.d.R. harte Arbeit. Das gemeinsame Ringen um die passende Lösung, das Überwinden von gedanklichen Barrieren – das sprichwörtliche »Out-of-the-box-Denken« – all das erfordert eine gewisse produktive Spannung.
Auch das agile Arbeiten oder Methoden wie das »Design Thinking« nutzen aktiv die non-konforme oder externe Perspektive, um die Vielfalt und damit die kreative Spannung innerhalb des Systems zu erhöhen. Wer sein Unternehmen zum Treiber von Innovationen – gar disruptiven Innovationen – machen möchte, muss diese kreative Spannung nicht nur aushalten, sondern aktiv zur Gestaltung nutzen. In der freien Interpretation eines chinesischen Sprichworts: Man muss lernen, »den Tiger zu reiten«.
Warum wird Vielfalt ein wichtiger Begriff für Unternehmen?
Die Vielfalt im Unternehmen zu fördern, ist einer der Ansätze, um die kreative, positive Spannung zu erhöhten. Vielfalt bzw. »Diversity« ist dabei ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Unterschieden. Mindestens folgende sogenannte »Diversity-Dimensionen« kann man differenzieren:
- Kulturelle Unterschiede, häufig im Sinne ethnisch-kultureller oder religiöser Unterschiede, werden regelmäßig als relevante Differenzierung verstanden.
- Eine Behinderung ist in der Gesellschaft noch allzu häufig ein Stigma, welches dazu führt, das Potenzial von Menschen mit Behinderung außer Acht zu lassen – aus Sicht eines Unternehmens eine naive Verschwendung von Ressourcen.
- Gender: Der »kleine« Unterschied von Mann und Frau ist jedem klar. Seit 2017 unterscheidet das Bundesverfassungsgericht Menschen, die sich selbst keiner dieser beiden Kategorien zuordnen (offizielle Bezeichnung »divers«). Die Realität sah schon immer bunter aus. »Mädchen spielen mit Puppen – Jungs mit Autos.« Stimmt, wenn Sie jederzeit mitdenken (und am besten auch sagen), dass auch viele Mädchen mit Autos und viele Jungs mit Puppen und Figuren spielen.
- Alter: Wir waren alle mal jung – und uns eint die Hoffnung, alt zu werden. Doch das bewahrt Unternehmen nicht vor Intergenerationen-Konflikten und -Missverständnissen in der Belegschaft. Der demografische Wandel befeuert diese Spannung: Gerade wenn junge Mitarbeiter ältere führen – oder wenn sich die »Jungen« von den »Alten« nicht verstanden fühlen – wird der Altersunterschied plötzlich relevant für die Zusammenarbeit im Unternehmen.
- Sexuelle Identität oder Orientierung: »Ist doch Privatsache!« ist der Ausruf unbedarfter Konformisten. Denn wer zur Mehrheit gehört, versteht häufig die Sorgen der Minderheit nicht. Dabei ist es nicht so schwer: Wer das Gefühl hat, sich verstecken zu müssen, damit »die Privatsache« bloß nicht ans Tageslicht des Alltags von Büro oder Werkshalle kommt, wird verschlossener sein und seine Energie auf die Geheimhaltung richten – statt auf die nächste Innovation im Unternehmen.
Ein entscheidender Vorteil für Unternehmer: Studien belegen, dass Vielfalt im Unternehmen diesem wirtschaftlich gut tut. Unternehmen mit hoher Diversity sind innovativer, haben eine stärkere Arbeitgebermarke (Employer Branding) und ein besseres Arbeitsklima. Kurz gesagt: Diversity schafft Dividende. Vielfalt schafft Vermögen.
Perspektiven verstehen und Bedürfnisse erkennen als Basis für Innovationen
Wer die innovative Kraft im Unternehmen stärken will, sollte bei der Suche nach innovativen Angeboten die Perspektive wechseln können. Allzu häufig beginnen Innovationsprozesse noch mit der Frage: »Wie können wir unser Produkt verbessern?« – Klingt vernünftig, zäumt das Pferd jedoch von hinten auf. Die Ausgangsfrage sollte eher lauten:
- Welche Lösung erhofft sich der Kunde von unserem Angebot?
- Welches Problem löst unser Angebot für den Kunden?
- Was wird aus seiner/ihrer Perspektive dadurch leichter, schneller, besser, günstiger …?
Dieses kleine 1×1 der Produktentwicklung (aber auch von Vertrieb, Marketing, Service) wird leider häufig vergessen und man schaut zunächst von der »technischen« Seite auf das eigene Angebot. Das Ergebnis sind dann zwar technische Verbesserungen – die aber für den Kunden keinen erkennbaren Nutzen stiften. Die Kernfrage lautet: »Welchen erkennbaren zusätzlichen Nutzen stiftet die Innovation für den Kunden aus dessen Sicht?« Jede Innovation muss durch das Nadelöhr der Kundenperspektive – sonst ist es keine Innovation, sondern nur eine Variation. Kurzum: Beginnen Sie mit der Perspektive des Kunden – nicht derjenigen Ihres Angebots!
Ein Beispiel aus dem Bereich Heimwerken: Statt die existierende Bohrmaschine aus Ihrem Programm weiter zu verbessern, etwa durch eine höhere Drehzahl oder einen günstigeren Preis, kommen Sie so vielleicht auf die disruptive Idee, einen starken Klebestreifen zu entwickeln, nachdem Sie verstanden haben, dass die meisten Menschen im Haushalt nur vergleichsweise winzige Löcher zum Aufhängen leichter Gegenstände benötigen (Handtuchhaken, Bilder, Wandspiegel).
Doch dieser Perspektivwechsel erfordert mindestens zweierlei Kompetenzen: Zum einen muss ich mich kognitiv auf den Kunden, dessen Kontext und seine Herausforderungen einlassen können. Zum anderen – und das ist häufig der der schwierige Part – muss ich seine emotionale Lage (seinen »Schmerz«) nachempfinden können. Ich muss die unterschiedlichen Bedürfnisse des Kunden erspüren können. Ich brauche also ein hohes Maß an sozialem Einfühlungsvermögen.
Und hier spannt sich der Bogen zum Aspekt Vielfalt und Diversity Management: Je komplexer mein interner Kosmos, den ich in meinem Unternehmen managen muss, desto eher kann ich auch die komplexen Welten meiner Kunden verstehen. Ein Dienstleistungsangebot für Frauen – nur von Männern entworfen; eine nur von deutschen Ingenieuren für den indischen Markt entworfene Maschine; ein nur von »alten Hasen« konzipiertes Angebot für Jugendliche? – Ja, alles möglich, aber die Chancen stehen hoch, dass hier knallhart an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbei entwickelt wird. Erfolgversprechender ist der Ansatz, die Vielfalt und Komplexität bereits frühzeitig in die eigenen Prozesse zu integrieren.
Warum Diversity die Agilität in Ihrem Unternehmen fördert
Diversity-Expertin Hanna Göhler weist darauf hin, dass für agile Organisationen der kompetente Umgang mit Vielfalt eine wichtige Voraussetzung ist, um das Potenzial der agilen Methoden auch nutzen zu können. Agilität ist ein Kulturthema. Sie stellt die These auf:
- »Nur wer die Diversität in der Gruppe kennt, wertschätzt und nutzbar macht, kann wirklich agil sein und arbeiten. Damit ist es ein System-, Kultur-, Führungs- und ein individuelles Thema.«
Mehr dazu in ihrem lesenswerten Artikel »Warum Agilität und Diversity zusammengehören«. Dort erläutert sie auch das Konzept des »Diversity-Lernens« als Teil einer Lernkultur hin zu mehr Agilität. Hanna Göhler schreibt:
»Ambiguitätstoleranz« (also die Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten und Unterschiede auszuhalten oder besser, diese zu akzeptieren), gilt als ein Merkmal von Diversity Awareness. Sie ist ebenso unabdingbar für das agile Mindset. Wenn diese Fähigkeit fehlt, reagieren Menschen auf mehrdeutige und oft unkontrollierbar erscheinende Situationen im agilen Setting mit »linearem Denken«. Sie verfallen in starre, alte, tradierte Muster, also dem Gegenteil von »being agile« und konstruktivem Diversity-Lernen.
Wie kann eine Basis geschaffen werden, aus der Innovationen wachsen können?
Für Führungskräfte ist es wichtig, eine gemeinsame Basis zu schaffen und einen stabilen Rahmen zu gewährleisten, in dem die kreative Spannung wirken kann und nicht destruktiv wird. Damit sind auch Fragen der Unternehmenskultur angesprochen, die von Vertrauen, offenem Feedback und einem ausgeprägten Gemeinsinn gekennzeichnet sein sollte. Nur so können Brücken gebaut und das typische Silo-Denken, z. B. zwischen Abteilungen oder Teams, vermieden werden.
Unterstützen Sie die Vielfalt und den übergreifenden Austausch im Unternehmen. Laden Sie zum offenen Diskurs und disruptiven Ideen ein. Setzen Sie in Workshops und bei größeren Veranstaltungen auf das Potenzial, das im cross-hierarchischen, cross-funktionalen oder auch cross-regionalen Austausch liegt. Lassen Sie etwas mehr »bunt« im Unternehmen zu und sorgen Sie dafür, dass Ihr Unternehmen ein Ort ist, an dem positive Spannung ihre kreative Kraft entfalten kann.
Zum Weiterlesen:
- Weitere Fragen zum Einsatz einer Diversity-Strategie im Unternehmen beantwortet der Artikel »Was sind sinnvolle Diversity-Maßnahmen?«
- Im Blog »Zukunft der Arbeit« der Bertelsmann-Stiftung thematisiert ein Artikel »Digitalisierung als kulturelle Herausforderung«.
Daniel Goetz
Der Artikel wurde vom Autor ursprünglich veröffentlicht im Blog von agateno.
Foto: Matthew Schwartz by unsplash.com