Warum Diversity ein Treiber für Innovationen ist

Nutzen Sie die Vielfalt Ihres Unternehmens für kreative Ideen

Wie werden wir innovativer?

Diese Frage wird für viele Unternehmen zunehmend dringlicher, um den Anschluss an den Wettbewerb nicht zu verschlafen. Ohne Innovationen läuft die Uhr für viele Unternehmen ab.

Der Countdown läuft:

  • Ist Ihr Unternehmen schon in den Startlöchern, um die nächste Innovation zu »launchen«?
  • Woher kommt die innovative Kraft in Ihrem Unternehmen?

Das Potenzial dafür schlummert bereits in vielen Unternehmen. Es gilt, dieses zu nutzen und das Unternehmen so von innen heraus zu stärken. Das kann bedeuten, Querdenkern Raum zu geben und auch einmal unbequeme Wege zu gehen. Mit einer disruptiven, innovativen Kraft kann sich selbst eine Monokultur öffnen – und so neue, innovative Perspektiven gewinnen.

Monokulturen weisen eine vergleichsweise geringe Komplexität auf – und produzieren zwar verlässliche, aber auch eher langweilige und vorhersagbare Antworten. Vielfalt hingegen erhöht die Komplexität; sie wirkt simplifizierenden Antwortmustern entgegen – sorgt somit für »unschärfere« Antworten mit höherer Ambiguität (Mehrdeutigkeit). Das ist anspruchsvoller – aber öffnet auch die Perspektive auf bessere, innovativere Lösungen.

Den Tiger reiten lernen – der Sprung zu mehr Innovation

Eine plausible These lautet:

»Ein Unternehmen kann nur denjenigen Markt bedienen, den es auch intern abbilden kann.«

So formuliert es Dr. Rüdiger Müngersdorff von der Managementberatung SYNNECTA, unserem Kooperationspartner in Sachen Organisationsentwicklung.

Abbildung: SYNNECTA Diversity-Einsichtbild®

Das Diversity-Einsichtbild® von SYNNECTA ist ein Werkzeug, mit dem Menschen in den Dialog gebracht werden. Die Themen rund um Vielfalt werden dadurch sichtbar und besprechbar.

Eine gesunde Vielfalt im Unternehmen sorgt also nicht nur dafür, dass die Produkte und Dienstleistungen treffsicher im Markt ankommen. Es sorgt auch dafür, dass eine vorwärtstreibende Spannung im Unternehmen herrscht, die neue Diskurse anstößt und Ideen generiert. Um die eigenen Gewissheiten immer wieder aufs Neue zu überdenken, zu reflektieren und damit auch morgen noch handlungsfähig zu sein.

»Spannungen im Unternehmen sollen gut sein?!«, fragen Sie sich jetzt vielleicht. – Hier ist es nützlich, zu differenzieren:

  • Eine negative Spannung bezeichnet z. B. ein Klima der Angst, der Verschlossenheit oder persönlichen Ränkespiele. Menschen fühlen sich dort unsicher, verschließen sich und machen eher »Dienst nach Vorschrift«.
  • Positive Spannung hingegen bezeichnet die kreative Energie, die durch das Zulassen unterschiedlicher Perspektiven entsteht. Kreative Prozesse sind keine Selbstläufer, sondern i.d.R. harte Arbeit. Das gemeinsame Ringen um die passende Lösung, das Überwinden von gedanklichen Barrieren – das sprichwörtliche »Out-of-the-box-Denken« – all das erfordert eine gewisse produktive Spannung.

Auch das agile Arbeiten oder Methoden wie das »Design Thinking« nutzen aktiv die non-konforme oder externe Perspektive, um die Vielfalt und damit die kreative Spannung innerhalb des Systems zu erhöhen. Wer sein Unternehmen zum Treiber von Innovationen – gar disruptiven Innovationen – machen möchte, muss diese kreative Spannung nicht nur aushalten, sondern aktiv zur Gestaltung nutzen. In der freien Interpretation eines chinesischen Sprichworts: Man muss lernen, »den Tiger zu reiten«.

Warum wird Vielfalt ein wichtiger Begriff für Unternehmen?

Die Vielfalt im Unternehmen zu fördern, ist einer der Ansätze, um die kreative, positive Spannung zu erhöhten. Vielfalt bzw. »Diversity« ist dabei ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Unterschieden. Mindestens folgende sogenannte »Diversity-Dimensionen« kann man differenzieren:

  • Kulturelle Unterschiede, häufig im Sinne ethnisch-kultureller oder religiöser Unterschiede, werden regelmäßig als relevante Differenzierung verstanden.
  • Eine Behinderung ist in der Gesellschaft noch allzu häufig ein Stigma, welches dazu führt, das Potenzial von Menschen mit Behinderung außer Acht zu lassen – aus Sicht eines Unternehmens eine naive Verschwendung von Ressourcen.
  • Gender: Der »kleine« Unterschied von Mann und Frau ist jedem klar. Seit 2017 unterscheidet das Bundesverfassungsgericht Menschen, die sich selbst keiner dieser beiden Kategorien zuordnen (offizielle Bezeichnung »divers«). Die Realität sah schon immer bunter aus. »Mädchen spielen mit Puppen – Jungs mit Autos.« Stimmt, wenn Sie jederzeit mitdenken (und am besten auch sagen), dass auch viele Mädchen mit Autos und viele Jungs mit Puppen und Figuren spielen.
  • Alter: Wir waren alle mal jung – und uns eint die Hoffnung, alt zu werden. Doch das bewahrt Unternehmen nicht vor Intergenerationen-Konflikten und -Missverständnissen in der Belegschaft. Der demografische Wandel befeuert diese Spannung: Gerade wenn junge Mitarbeiter ältere führen – oder wenn sich die »Jungen« von den »Alten« nicht verstanden fühlen – wird der Altersunterschied plötzlich relevant für die Zusammenarbeit im Unternehmen.
  • Sexuelle Identität oder Orientierung: »Ist doch Privatsache!« ist der Ausruf unbedarfter Konformisten. Denn wer zur Mehrheit gehört, versteht häufig die Sorgen der Minderheit nicht. Dabei ist es nicht so schwer: Wer das Gefühl hat, sich verstecken zu müssen, damit »die Privatsache« bloß nicht ans Tageslicht des Alltags von Büro oder Werkshalle kommt, wird verschlossener sein und seine Energie auf die Geheimhaltung richten – statt auf die nächste Innovation im Unternehmen.

Ein entscheidender Vorteil für Unternehmer: Studien belegen, dass Vielfalt im Unternehmen diesem wirtschaftlich gut tut. Unternehmen mit hoher Diversity sind innovativer, haben eine stärkere Arbeitgebermarke (Employer Branding) und ein besseres Arbeitsklima. Kurz gesagt: Diversity schafft Dividende. Vielfalt schafft Vermögen.

Perspektiven verstehen und Bedürfnisse erkennen als Basis für Innovationen

Wer die innovative Kraft im Unternehmen stärken will, sollte bei der Suche nach innovativen Angeboten die Perspektive wechseln können. Allzu häufig beginnen Innovationsprozesse noch mit der Frage: »Wie können wir unser Produkt verbessern?« – Klingt vernünftig, zäumt das Pferd jedoch von hinten auf. Die Ausgangsfrage sollte eher lauten:

  • Welche Lösung erhofft sich der Kunde von unserem Angebot?
  • Welches Problem löst unser Angebot für den Kunden?
  • Was wird aus seiner/ihrer Perspektive dadurch leichter, schneller, besser, günstiger …?

Dieses kleine 1×1 der Produktentwicklung (aber auch von Vertrieb, Marketing, Service) wird leider häufig vergessen und man schaut zunächst von der »technischen« Seite auf das eigene Angebot. Das Ergebnis sind dann zwar technische Verbesserungen – die aber für den Kunden keinen erkennbaren Nutzen stiften. Die Kernfrage lautet: »Welchen erkennbaren zusätzlichen Nutzen stiftet die Innovation für den Kunden aus dessen Sicht?« Jede Innovation muss durch das Nadelöhr der Kundenperspektive – sonst ist es keine Innovation, sondern nur eine Variation. Kurzum: Beginnen Sie mit der Perspektive des Kunden – nicht derjenigen Ihres Angebots!

Ein Beispiel aus dem Bereich Heimwerken: Statt die existierende Bohrmaschine aus Ihrem Programm weiter zu verbessern, etwa durch eine höhere Drehzahl oder einen günstigeren Preis, kommen Sie so vielleicht auf die disruptive Idee, einen starken Klebestreifen zu entwickeln, nachdem Sie verstanden haben, dass die meisten Menschen im Haushalt nur vergleichsweise winzige Löcher zum Aufhängen leichter Gegenstände benötigen (Handtuchhaken, Bilder, Wandspiegel).

Doch dieser Perspektivwechsel erfordert mindestens zweierlei Kompetenzen: Zum einen muss ich mich kognitiv auf den Kunden, dessen Kontext und seine Herausforderungen einlassen können. Zum anderen – und das ist häufig der der schwierige Part – muss ich seine emotionale Lage (seinen »Schmerz«) nachempfinden können. Ich muss die unterschiedlichen Bedürfnisse des Kunden erspüren können. Ich brauche also ein hohes Maß an sozialem Einfühlungsvermögen.

Und hier spannt sich der Bogen zum Aspekt Vielfalt und Diversity Management: Je komplexer mein interner Kosmos, den ich in meinem Unternehmen managen muss, desto eher kann ich auch die komplexen Welten meiner Kunden verstehen. Ein Dienstleistungsangebot für Frauen – nur von Männern entworfen; eine nur von deutschen Ingenieuren für den indischen Markt entworfene Maschine; ein nur von »alten Hasen« konzipiertes Angebot für Jugendliche? – Ja, alles möglich, aber die Chancen stehen hoch, dass hier knallhart an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbei entwickelt wird. Erfolgversprechender ist der Ansatz, die Vielfalt und Komplexität bereits frühzeitig in die eigenen Prozesse zu integrieren.

Warum Diversity die Agilität in Ihrem Unternehmen fördert

Diversity-Expertin Hanna Göhler weist darauf hin, dass für agile Organisationen der kompetente Umgang mit Vielfalt eine wichtige Voraussetzung ist, um das Potenzial der agilen Methoden auch nutzen zu können. Agilität ist ein Kulturthema. Sie stellt die These auf:

  • »Nur wer die Diversität in der Gruppe kennt, wertschätzt und nutzbar macht, kann wirklich agil sein und arbeiten. Damit ist es ein System-, Kultur-, Führungs- und ein individuelles Thema.«

Mehr dazu in ihrem lesenswerten Artikel »Warum Agilität und Diversity zusammengehören«. Dort erläutert sie auch das Konzept des »Diversity-Lernens« als Teil einer Lernkultur hin zu mehr Agilität. Hanna Göhler schreibt:

»Ambiguitätstoleranz« (also die Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten und Unterschiede auszuhalten oder besser, diese zu akzeptieren), gilt als ein Merkmal von Diversity Awareness. Sie ist ebenso unabdingbar für das agile Mindset. Wenn diese Fähigkeit fehlt, reagieren Menschen auf mehrdeutige und oft unkontrollierbar erscheinende Situationen im agilen Setting mit »linearem Denken«. Sie verfallen in starre, alte, tradierte Muster, also dem Gegenteil von »being agile« und konstruktivem Diversity-Lernen.

Wie kann eine Basis geschaffen werden, aus der Innovationen wachsen können?

Für Führungskräfte ist es wichtig, eine gemeinsame Basis zu schaffen und einen stabilen Rahmen zu gewährleisten, in dem die kreative Spannung wirken kann und nicht destruktiv wird. Damit sind auch Fragen der Unternehmenskultur angesprochen, die von Vertrauen, offenem Feedback und einem ausgeprägten Gemeinsinn gekennzeichnet sein sollte. Nur so können Brücken gebaut und das typische Silo-Denken, z. B. zwischen Abteilungen oder Teams, vermieden werden.

Unterstützen Sie die Vielfalt und den übergreifenden Austausch im Unternehmen. Laden Sie zum offenen Diskurs und disruptiven Ideen ein. Setzen Sie in Workshops und bei größeren Veranstaltungen auf das Potenzial, das im cross-hierarchischen, cross-funktionalen oder auch cross-regionalen Austausch liegt. Lassen Sie etwas mehr »bunt« im Unternehmen zu und sorgen Sie dafür, dass Ihr Unternehmen ein Ort ist, an dem positive Spannung ihre kreative Kraft entfalten kann.

Zum Weiterlesen:

Daniel Goetz
Der Artikel wurde vom Autor ursprünglich veröffentlicht im Blog von agateno.
Foto: Matthew Schwartz by unsplash.com

Tischrunde: Von Bingo zur Vielfalt

Diese Person: hat 3 Kinder, ist nicht hetero, spricht drei oder mehr Sprachen, hat schon mal im Ausland gelebt, ist jünger als ich, hat nicht studiert, kann Golf spielen, lebt alleine, ist Führungskraft von über 100 MitarbeiterInnen.

Bingo spielen wir nicht mit Zahlen, sondern mit Beschreibungen. Eine Beschreibung, die »auf den ersten Blick« auf eine andere Person im Raum zutrifft. Ich gehe auf die Person zu und frage sie, ob meine Annahme wirklich stimmt. Meine Bilder im Kopf über andere. Die Beschreibungen werden zu Zuschreibungen. Manche Fragen sind unverfänglich, einige kritisch und manche sind echte Tabuthemen. Was ist schwieriger: fragen oder gefragt zu werden?

In der SYNNECTA Tischrunde »Wachsende Vielfalt – von Barrieren zur Ressource. HR als Initiator für mehr Diversity Awareness« am 21. April 2016 in Köln kommen Menschen zusammen, die in der HR, PE, OE kleiner und großer Organisationen tätig sind. Von eigenen Erfahrungsberichten, über Role-Model-Funktion der HR Abteilungen, zu harten Fakten der Strategie: wir diskutieren Faktoren eines umfassenden Diversity Managements und was wir als SYNNECTA in diesem Feld beraterisch anbieten.

In unserer Rolle als BeraterInnen richten wir den Blick auf Organisationsstrukturen, und auf die Handlung von Menschen, wir fragen nach dem Warum und Wie. Diversity Management ist Teil von OE/Change Management, es erfordert ein Umdenken, ein Erneuern von Prozessen und individuellem Verhalten. Weil Vielfalt so vielfältig ist, widmen wir uns drei Diversity-Kategorien: Alter, sexuelle Orientierung, kulturelle Herkunft.

Wie können Unternehmen mit der demographischen Entwicklung umgehen? Was bedeutet eigentlich alter(n)sgerechte Führung? Wie können Unternehmen mögliche Benachteiligungen aufgrund des Alters bereits in ihrer Personalplanung entgegenwirken? Wertvollen Input gibt uns die Gastreferentin Dr. Anna-Maria Aldorf zu Alter und Demographie.

Zur Kategorie der sexuellen Orientierung, ein großes Tabuthema in deutschen Unternehmen, geben Magnus Anschütz und Julia Steding bedeutende Gedankenanstöße. Als ReferentInnen unseres Kooperationspartners anyway e.V. (SchLAu-Team) machen sie deutlich, dass sexuelle Orientierung wesentlicher Teil menschlicher Identität ist: Wer das volle Potential der Menschen nutzen möchte, muss die Kategorie der sexuellen Orientierung integrieren und mitdenken.

A.Krishna, Financial Director of Bosch RBEI India, zuvor in leitender HR Funktion in Indien, inspiriert mit seinen Erfahrungen aus inter-/transkulturellen Arbeits- und Lebenswelten in Indien und Deutschland. Wie passen Globalisierung und local habits zusammen? Wie lassen sich koloniale Denkweisen und Arbeitsstrukturen aufbrechen und neue, gerechte globale Arbeitswelten schaffen? Wie funktioniert kultursensible Leadership und was kann HR beitragen, damit Herkunft und Kultur keinen Grund zur Diskriminierung darstellt, sondern als Bereicherung wahrgenommen und genutzt wird?

Diese Tischrunde zeigt einmal mehr, dass es in der OE um die persönlichen Erfahrungen von Menschen geht. Als Beratung stellen wir essentielle, teilweise unbequemen Fragen, holen Menschen aus der Komfortzone heraus, jedoch immer die »Sicherheit« aller im Blick. Beim Diversity Management können keine Standardlösungen aufgefahren, sondern zusammen mit den Menschen die Bedarfe im Kontext der Unternehmenziele analysiert werden. Unser Diversity Management-Start beginnt auf Ebene des menschlichen Bewusstseins. Prozesse und Struktur wie bspw. Bewerbungsverfahren können angepasst werden. Zwar sind für einen HRler diese Elemente ein wichtiges Hilfsmittel, er oder sie muss aber insbesondere sensibel interagieren (eigene Sozialkompetenz und Diversity Awareness) und geschult (Wissen) sein. Im Personalgespräch oder Job-Interview ist es die Aufgabe der HRlerIn, diversitykompetent zu sein und Entscheidungen entlang der Diversity-Strategie des Unternehmens zu treffen. Die individuelle Verantwortung und Eigenverantwortung (free radicals) von staff und leader kommen im Anschluss zum Tragen.

Es ist deutlich, diversity ist ein sensibles Thema, Vermeidung ist eine klassische Form des Umgangs mit Unterschieden. Dies vermeidet Konflikte. Zugleich wird klar, Vermeidung bedeutet, die Reduzierung von Leistungspotential und es vermindert das Engagement von Mitarbeitern. Deshalb, sensibles Vorgehen, ja – aber wer etwas bewegen will muss sich auch der Auseinandersetzung stellen und sich aus den Schaufensteransätzen herauswagen. Wirkliche Agilität wird es ohne diversity nicht geben.

Die Produktion eines »diversity tree« mit bunten Fingerabdrücken aus Wasserfarben macht noch keine neue Unternehmensstrategie. Sie bildet die Individualität ab, die im Raum ist, Symbol für das gemeinsame Wachsen an solchen Tischrunden-Tagen, für die Verästelung von Meinungen, Erfahrungen, Inhalten, Interessen, und zugleich für den »menschlichen Stamm«, der uns alle verbindet.

Eine Frage wird noch diskutiert: Ist es sinnvoll und notwendig, am CSD teilzunehmen, auch wenn ich selber dieses Event eigentlich gerne meiden würde? Überzeugen Sie sich selbst im Juli 2016 und nehmen Sie am Kölner SYNNECTA Sommerseminar »Diversity und sexuelle Identitäten« teil.

Hanna Göhler

»Sexuelle Identitäten am Arbeitsplatz: Diversität wahrnehmen, anerkennen, nutzen«

Diversity Management ist populär und hochmodern. Gender, Interkultur und Alter sind die Dimensionen, mit denen sich beschäftigt wird. Die Diversity-Kategorie »Sexuelle Identitäten« offen in Unternehmen anzusprechen, ist jedoch meist ein Tabu. Wir denken, das sollte sich ändern und haben im Juli 2015 ein Seminar zu diesem Thema durchgeführt.

Das Wort »sexuell« ist in Unternehmen verpönt, bei gleichzeitigem Anstieg sexualisierter Performanz von Geschlechterrollen in Kultur, Medien und Gesellschaft. Der öffentliche Diskurs ist weitestgehend heteronormativ, das gezeichnete Bild entspricht nicht der Realität. Zwar wird der Arbeitsplatz durchweg als asexueller Raum konstruiert, wie etwa Dominic Frohn in seiner Studie »Out im Office?!« (2007) darlegt, zugleich sind in der Berufswelt aber Heteronormativität, Heterosexismus und Homophobie in einem auffälligen Maß präsent. Das lähmt Menschen und macht unproduktiv.

Ein Unternehmen kann nur die Märkte verstehen und bedienen, die es nach Innen hin selbst abbildet. Warum sollte es gerade diese intime Dimension sein, mit der sich unternehmensintern und nach Außen hin präsentiert wird? Weil wir vielfältiger sind, als angenommen. Weil wir vielfältiger als nur hetero sind. Wer Vielfalt zulässt und sichtbar macht, hat mehr: Vielfalt ist Bedingung für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen.

Es geht dabei nicht darum, das private Sexualleben zu beschreiben. Sondern vielmehr geht es darum, zu erkennen, dass die sexuelle Orientierung einen wesentlichen Teil der persönlichen Identität ausmacht und damit bedeutende Aspekte des Privatlebens betrifft. Kaum etwas wie die Dimension der sexuellen Orientierung prägt so tiefgreifend unser menschliches Dasein. Privat- und Berufsleben lassen sich unterscheiden, aber nicht trennen: Wer zentrale Aspekte seiner Persönlichkeit verbergen und verschleiern muss, weil es die Unternehmenskultur anders nicht zulässt, Sanktionen oder Karrierestopp drohen, unterdrückt sich und damit die eigene Handlungsfähigkeit. Etwa, zu erzählen, dass es der/die gleichgeschlechtliche Partner oder Partnerin ist, mit dem/der man in den Urlaub fährt oder am Wochenende eine Radtour unternommen hat.

Das Befassen mit Vielfalt bedeutet die Konfrontation mit sich und den Anderen. Das hat Skandalisierungspotenzial und kann Angst auslösen. Daher sollten Maßnahmen dosiert in ein Unternehmen eingeführt werden. Unser Ansatz ist, über Freiwilligkeit, emotionale Zugänge und Vernunft Menschen einzuladen, zu neuem Bewusstsein zu gelangen und ihre Aufmerksamkeit und Blicke zu öffnen für (möglichweise neue und fremde) Lebenswelten. Alternative Wege sind, O-Ton aus dem Seminar: »Wenn es anders nicht geht, dann muss zu radikalen Mitteln gegriffen werden und die Auseinandersetzung mit Vielfalt verpflichtend sein.«

Das Seminar begleitete unsere inneren Prozesse der Selbstreflektion, deckte Vorannahmen auf, löste eigene Blockaden und Bilder über die Anderen. Im weiteren Verlauf führte es zu Erkenntnissen über Handlungsspektren auf Management-Ebenen, indem es die Erschließung neuer Kundengruppen, Märkte und den Sinn einer Corporate Social Responsibility thematisierte.

Der CSD wirkte als Lernraum und ließ uns eine besondere Form der Zusammengehörigkeit, ein unfassbar starkes Wir-Gefühl, eine andere Mehrheit spüren. Die Euphorie übertrug sich, überwältigte uns und unsere Bilder, die eigenen Bilder über uns selbst und die Anderen.

Wie funktioniert »Diversity-Lernen« entlang der Kategorie »Sexuelle Identitäten«? Die eigenen Ängste, das Unverständnis und die Vorbehalte gegenüber anderen Lebensentwürfen dürfen und sollen formuliert werden, um dadurch ein Kennenlernen des anderen Menschen zu ermöglichen und gemeinsam einen kreativen Raum entstehen zu lassen. Was abstrakt klingt, ist in der Realität gar nicht so schwer herzustellen: Miteinander im Gespräch sein und sich gegenseitig Fragen stellen. Ein feiner Unterschied in der Formulierung gibt meiner GesprächspartnerIn Freiraum.

Ein Unternehmen, das auf der Suche nach einer Kultur der Kreativität, Innovation und Agilität ist, wird schnell merken, dass der Schlüssel für die Reise dahin der Grad der Freiheit und Akzeptanz unter den Mitarbeitenden ist. Diversität ist der Hebel für eine tiefgehende Kulturveränderung: Für das Unternehmen entsteht Systemflexibilität, eine anregende Atmosphäre, in der es durch erhöhte Kreativität im Team (weil Vielfältigkeit und Hetereogenität) zu weniger Fehlentscheidungen kommt. Allein aufgrund des demografischen Wandels müssen Unternehmen aus ökonomischer Sicht mit einer zukünftig diverseren Belegschaft »rechnen«.

Was das Thema also mit dem Arbeitsplatz zu tun hat, liegt auf der Hand. Menschen, die nicht zur (hetero-)Norm gehören, müssen sich häufiger als andere verstecken und einen wichtigen Teil ihrer Persönlichkeit verbergen und unterdrücken, weil sie ansonsten Ablehnung und Diskriminierungen zu befürchten haben. In seinem Buch Bemerkenswerte Vielfalt: Homosexualität und Diversity Management (2010) stellt Dr. Thomas Köllen aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht fest, wie sich in Betrieben ungerechte Machtachsen manifestieren, individuelle Wirkungsfähigkeiten lähmen und Potenziale schwächen. Daher ist es wichtig, die Diversity-Dimension »Sexuelle Identitäten« zu thematisieren. Mittlerweile erkennen immer mehr Menschen in Unternehmen, dass ein aufgeschlossener Umgang mit dieser Dimension besondere Motivation und Leistungsenergie freisetzen. Eine offene Unternehmenskultur bedeutet Attraktivität für neue Talente.

Im Seminar lernten wir voneinander, was es bedeutet, Anders zu sein, abzuweichen von der Mehrheit, mutig zu sein und individualistisch. Sexuelle Identitäten besprechbar zu machen, bedeutet, Fragen an die eigenen Identitäten und Zugehörigkeiten zuzulassen und sowohl klare Positionierungen zu akzeptieren als auch Uneindeutigkeiten und Ambiguität auszuhalten. Diversity-Lernen findet im echten Leben statt. Diversitykompetente Menschen sind bereichernd für Unternehmen.

Wir danken unseren PartnerInnen: anyway e.V., SCHLAu-Team, Eike Reinhardt und Daniel Goetz von agateno. Dieses Sommer-Seminar war weit mehr als ein buntes Event oder Tanz auf dem CSD-Vulkan. Es hat Bewusstsein für Menschen und ihre Lebenswelten geschaffen und ein Zeichen gesetzt, ins Innen und Außen. Wir bleiben dran.

Hanna Göhler

Einzigartiges SYNNECTA-Seminar zu »Vielfalt« im Juli 2015

Wir laden Sie herzlich ein zum zweitägigen Seminar in Köln »Sexuelle Identitäten am Arbeitsplatz: Diversität wahrnehmen, anerkennen, nutzen«.

Diversity Management ist populär und hochmodern. Das Thema »Sexuelle Identitäten« offen anzusprechen, ist jedoch ein Tabu. Wir denken, das sollte sich ändern, und haben deshalb ein Seminar zu dieser Diversity-Dimension konzipiert. Lesen Sie hier, warum:

Das Besondere ist das Setting. Am ersten Tag befinden wir uns im SYNNECTA-Haus im klassischen Seminarkontext mit anregenden Inputs, spannenden Gästen und genügend Zeit für persönliche Reflexion. Der zweite Tag bietet die einmalige Chance, eine herausragende Erfahrung auf dem Kölner Christopher Street Day zu machen. Wir begeben uns mitten in die Parade und fahren auf dem Wagen vom anyway e.V., dem LGBT Jugendzentrum, mit. Dieses Sommer-Seminar ist weit mehr als ein buntes Event. Es schafft Bewusstsein für Menschen und ihre Lebenswelten und setzt ein Zeichen in Ihrem Unternehmen und in der Gesellschaft.

Der Fokus des Seminars liegt auf:

  • Bedeutung von Diversity Management für den Unternehmenserfolg
  • Ansatzpunkte und Strategien für Ihr Unternehmen
  • Nutzen von Diversitykompetenz in HR, OE, PE
  • und der Auseinandersetzung mit der Frage, warum es für Unternehmen wichtig ist, sich mit der Diversity-Dimension »Sexuelle Identität« zu befassen.

Wann: Samstag 4. Juli, Sonntag 5. Juli 2015
Wo: Im SYNNECTA-Haus und auf der CSD Parade in Köln
Leitung: Dr. Rüdiger Müngersdorff (SYNNECTA founder), Hanna Göhler (Diversity-Beraterin bei SYNNECTA), Eike Reinhardt und Daniel Goetz (Business Trainer und Coaches).

Prominente Gäste und GesprächspartnerInnen aus der Wirtschaft werden anwesend sein und unseren Austausch durch ihre Perspektiven bereichern.

Warum es wichtig ist, über sexuelle Identitäten und Orientierung zu sprechen

In Unternehmen, die sich mit Vielfalt beschäftigen, erhalten die Themen Geschlecht, Alter und ethnische Herkunft die meiste Aufmerksamkeit. Die anderen Diversity-Kerndimensionen Menschen mit Behinderung, Religion und sexuelle Identitäten werden vernachlässigt oder übergangen. Insbesondere die sexuelle Identität und damit auch sexuelle Orientierung von Mitarbeitenden wird häufig als nicht unternehmensrelevant, sondern als Privatsache bezeichnet. Das Spannungsfeld, in dem dies geschieht, hat dabei einen besonders ambivalenten Charakter: Zwar wird der Arbeitsplatz durchweg als asexueller Raum konstruiert, zugleich sind in der Berufswelt aber Heteronormativität, Heterosexismus und Homophobie in einem auffälligen Maß präsent.

Was das Thema mit dem Arbeitsplatz zu tun hat

Menschen, die nicht zur (hetero-)Norm gehören, müssen sich häufiger als andere verstecken und einen wichtigen Teil ihrer Persönlichkeit verbergen und unterdrücken, weil sie ansonsten Ablehnung und Diskriminierungen zu befürchten haben. Das kann ungerechte Machtachsen manifestieren, individuelle Wirkungsfähigkeiten lähmen und Potenziale schwächen. Daher ist es wichtig, die Diversity-Dimension »Sexuelle Identitäten« zu thematisieren. Mittlerweile erkennen immer mehr Menschen in Unternehmen, dass ein aufgeschlossener Umgang mit dieser Dimension besondere Motivation und Leistungsenergie freisetzen. Eine offene Unternehmenskultur öffnet nicht zuletzt Türen zu neuen Talenten und sogar Kundengruppen. In diesem Seminar lernen wir, wie und warum das funktionieren kann.