Ein Kurz-Interview mit der Kunsthistorikerin und Autorin Jana Lucas zu ihrem Buch »Die geheimen Pionierinnen der Wirtschaft«.
Liebe Frau Lucas, wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Buch über weibliche Führungspersönlichkeiten zu schreiben?
Bevor ich mich selbständig gemacht habe, arbeitete ich in einer international tätigen Ausstellungsagentur, die Brandlands, Besucherzentren und touristische Erlebnisse entwickelt. Bei den zahlreichen Workshops mit den Auftraggebern, vor allem Verwaltungsratsgremien und Unternehmensvorstände, traf ich nur selten Frauen an. Deswegen machte ich mich auf die Suche nach historischen Vorbildern für Führungsfrauen und Chefinnen.
Wie haben Sie die Frauen gefunden, über die Sie in Ihrem Buch schreiben?
Im Rahmen meiner kunsthistorischen Doktorarbeit hatte ich mich bereits mit einer Führungsfrau, Isabella von Portugal, als Mäzenin und Politikerin beschäftigt. Zudem hatte ich einige der im Buch vorgestellten Malerinnen schon für kunsthistorische Kurse und Vorlesungen aufgearbeitet. Das war der Ausgangspunkt. Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigte, desto mehr Unternehmerinnen fand ich. Allgemein bestand die Herausforderung darin, Frauen zu finden, deren Biografien durch die Grundlagenforschung ausreichend bearbeitet waren und von denen autobiografische Quellen wie Tagebuchaufzeichnungen oder Briefe existierten. Denn ich wollte nicht nur die Erfolge der Wirtschaftsfrauen beschreiben, sondern auch den Weg dorthin. Und der war zumeist steinig, langwierig und abenteuerlich. Im Jahr 2018 habe ich mit den ersten Recherchen begonnen.
Welches sind Ihre Lieblingsfrauen?
Mich beeindrucken alle zwanzig. Sie haben scheinbar Unmögliches gewagt und sind dafür belohnt worden. Ausgehend von meiner Arbeit als Autorin und Innovationsberaterin identifiziere ich mich mit einigen stärker als mit anderen. Da sehe ich Bezüge zu Christine de Pizan, Isabella Bird und Mary Parker Follett. Außerdem erinnert mich Kate Gleason, die später Standortentwicklung betrieb und Ortschaften touristisch attraktiv machte, an meine Arbeit in der Agentur.
Worauf haben Sie beim Schreiben Wert gelegt?
Ich wollte keine trockenen Biografien schreiben, sondern Texte, die spannend zu lesen sind und zugleich motivieren, selbst aktiv zu werden. Die Frauen sollten als Person greifbar werden. Deshalb habe ich versucht, möglichst viele Originaltöne einzubauen. Darüber hinaus war es mir wichtig, unternehmerische Leistungen von Frauen sichtbar zu machten, die häufig hinter kulturwissenschaftlichen Fragestellungen verborgen bleiben. Die Bestsellerautorin Sophie von La Roche etwa hat als erste Frau auf nationaler Ebene eine Zeitschrift produziert und vertrieben. Deshalb habe ich Wert darauf gelegt, mein Buch in einem Wirtschaftsverlag zu veröffentlichen. Auch gibt es am Ende eines jeden Kapitels die »Take-away Kästen«, welche die Stärken der jeweiligen Unternehmerin noch einmal zusammenfassen. In meinen Netzwerken erlebe ich es oft, dass sich Frauen im Vergleich zu Männern schnell fragen »Was kann alles schiefgehen?«, anstatt zu überlegen »Wie erreiche ich am besten mein Ziel?«. Die Protagonistinnen in meinem Buch haben Visionen entwickelt und ihr Ding durchgezogen. Wenn die Leserinnen und Leser diesen »Macherinnengeist« spüren und sich davon inspirieren lassen, dann habe ich viel erreicht.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Renate Bojanowski.
Foto: Privat