… wenn wir die Rache nicht verstehen, verstehen wir uns selbst nicht.
»Rache ist eine Speise, die man kalt genießt« ist kein Buch über Rache in unserem Alltag oder ein Ratgeber, wie man sich am besten rächt oder mit Rachegefühlen umgeht. Stattdessen zeichnet es die Geschichte der Rache anhand von literarischen und filmischen Kunstwerken nach – von der griechischen Antike und der Bibel über das Mittelalter, Renaissance, Barock und Aufklärung bis hin zur Postmoderne und der Gegenwart. Dabei entsteht ein ganz neuer Blickwinkel sowohl auf die Literaturgeschichte als auch auf das Thema Rache und die Problemfelder, die damit verbunden sind – Recht, Unrecht und Gerechtigkeit. Es wird auch klar, warum Rache Schriftsteller und Filmemacher schon immer fasziniert hat und immer noch fasziniert.
Die Autorin Katharina Maier stellt allgemein verständlich, unterhaltsam und doch wissenschaftlich fundiert Geschichten über Rache gegenüber und erklärt, was sie über das Selbstverständnis der Menschen aussagen – insbesondere über Geschlechterrollen und das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft.
Dabei wird offenbar, dass sich die Einstellung zu Rache im Lauf der Zeit teilweise stark gewandelt hat, teilweise aber auch gleich geblieben ist, Rache jedoch auf jeden Fall immer problematisch ist – sei es, weil sie den Rächer verändert und nicht selten vom Guten ins Böse umschlägt, sei es, weil Gleiches nie mit Gleichem vergolten werden kann, oder weil Rache sich rasend schnell verselbständigt und in eine unaufhaltsame Spirale von Gewalt und Tod mündet.
Wie Katharina Maier zeigt, ist Fiktion deshalb nicht der schlechteste Ort, um Rache zu verhandeln und Racheimpulse zu bewältigen, die uns in der Wirklichkeit zerstören würden. Ganz nebenbei wird dem Leser im Laufe des Buches am Beispiel der Rache klar, warum Literatur und Kunst unverzichtbar sind für jede Gesellschaft, die gesund bleiben, sich erhalten und positiv weiterentwickeln will.
Katharina Maier: Rache ist eine Speise, die man kalt genießt
Deutsch | Marixverlag 2010 | 256 Seiten
Sabine Anders