Warum Diversity ein Treiber für Innovationen ist

Nutzen Sie die Vielfalt Ihres Unternehmens für kreative Ideen

Wie werden wir innovativer?

Diese Frage wird für viele Unternehmen zunehmend dringlicher, um den Anschluss an den Wettbewerb nicht zu verschlafen. Ohne Innovationen läuft die Uhr für viele Unternehmen ab.

Der Countdown läuft:

  • Ist Ihr Unternehmen schon in den Startlöchern, um die nächste Innovation zu »launchen«?
  • Woher kommt die innovative Kraft in Ihrem Unternehmen?

Das Potenzial dafür schlummert bereits in vielen Unternehmen. Es gilt, dieses zu nutzen und das Unternehmen so von innen heraus zu stärken. Das kann bedeuten, Querdenkern Raum zu geben und auch einmal unbequeme Wege zu gehen. Mit einer disruptiven, innovativen Kraft kann sich selbst eine Monokultur öffnen – und so neue, innovative Perspektiven gewinnen.

Monokulturen weisen eine vergleichsweise geringe Komplexität auf – und produzieren zwar verlässliche, aber auch eher langweilige und vorhersagbare Antworten. Vielfalt hingegen erhöht die Komplexität; sie wirkt simplifizierenden Antwortmustern entgegen – sorgt somit für »unschärfere« Antworten mit höherer Ambiguität (Mehrdeutigkeit). Das ist anspruchsvoller – aber öffnet auch die Perspektive auf bessere, innovativere Lösungen.

Den Tiger reiten lernen – der Sprung zu mehr Innovation

Eine plausible These lautet:

»Ein Unternehmen kann nur denjenigen Markt bedienen, den es auch intern abbilden kann.«

So formuliert es Dr. Rüdiger Müngersdorff von der Managementberatung SYNNECTA, unserem Kooperationspartner in Sachen Organisationsentwicklung.

Abbildung: SYNNECTA Diversity-Einsichtbild®

Das Diversity-Einsichtbild® von SYNNECTA ist ein Werkzeug, mit dem Menschen in den Dialog gebracht werden. Die Themen rund um Vielfalt werden dadurch sichtbar und besprechbar.

Eine gesunde Vielfalt im Unternehmen sorgt also nicht nur dafür, dass die Produkte und Dienstleistungen treffsicher im Markt ankommen. Es sorgt auch dafür, dass eine vorwärtstreibende Spannung im Unternehmen herrscht, die neue Diskurse anstößt und Ideen generiert. Um die eigenen Gewissheiten immer wieder aufs Neue zu überdenken, zu reflektieren und damit auch morgen noch handlungsfähig zu sein.

»Spannungen im Unternehmen sollen gut sein?!«, fragen Sie sich jetzt vielleicht. – Hier ist es nützlich, zu differenzieren:

  • Eine negative Spannung bezeichnet z. B. ein Klima der Angst, der Verschlossenheit oder persönlichen Ränkespiele. Menschen fühlen sich dort unsicher, verschließen sich und machen eher »Dienst nach Vorschrift«.
  • Positive Spannung hingegen bezeichnet die kreative Energie, die durch das Zulassen unterschiedlicher Perspektiven entsteht. Kreative Prozesse sind keine Selbstläufer, sondern i.d.R. harte Arbeit. Das gemeinsame Ringen um die passende Lösung, das Überwinden von gedanklichen Barrieren – das sprichwörtliche »Out-of-the-box-Denken« – all das erfordert eine gewisse produktive Spannung.

Auch das agile Arbeiten oder Methoden wie das »Design Thinking« nutzen aktiv die non-konforme oder externe Perspektive, um die Vielfalt und damit die kreative Spannung innerhalb des Systems zu erhöhen. Wer sein Unternehmen zum Treiber von Innovationen – gar disruptiven Innovationen – machen möchte, muss diese kreative Spannung nicht nur aushalten, sondern aktiv zur Gestaltung nutzen. In der freien Interpretation eines chinesischen Sprichworts: Man muss lernen, »den Tiger zu reiten«.

Warum wird Vielfalt ein wichtiger Begriff für Unternehmen?

Die Vielfalt im Unternehmen zu fördern, ist einer der Ansätze, um die kreative, positive Spannung zu erhöhten. Vielfalt bzw. »Diversity« ist dabei ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Unterschieden. Mindestens folgende sogenannte »Diversity-Dimensionen« kann man differenzieren:

  • Kulturelle Unterschiede, häufig im Sinne ethnisch-kultureller oder religiöser Unterschiede, werden regelmäßig als relevante Differenzierung verstanden.
  • Eine Behinderung ist in der Gesellschaft noch allzu häufig ein Stigma, welches dazu führt, das Potenzial von Menschen mit Behinderung außer Acht zu lassen – aus Sicht eines Unternehmens eine naive Verschwendung von Ressourcen.
  • Gender: Der »kleine« Unterschied von Mann und Frau ist jedem klar. Seit 2017 unterscheidet das Bundesverfassungsgericht Menschen, die sich selbst keiner dieser beiden Kategorien zuordnen (offizielle Bezeichnung »divers«). Die Realität sah schon immer bunter aus. »Mädchen spielen mit Puppen – Jungs mit Autos.« Stimmt, wenn Sie jederzeit mitdenken (und am besten auch sagen), dass auch viele Mädchen mit Autos und viele Jungs mit Puppen und Figuren spielen.
  • Alter: Wir waren alle mal jung – und uns eint die Hoffnung, alt zu werden. Doch das bewahrt Unternehmen nicht vor Intergenerationen-Konflikten und -Missverständnissen in der Belegschaft. Der demografische Wandel befeuert diese Spannung: Gerade wenn junge Mitarbeiter ältere führen – oder wenn sich die »Jungen« von den »Alten« nicht verstanden fühlen – wird der Altersunterschied plötzlich relevant für die Zusammenarbeit im Unternehmen.
  • Sexuelle Identität oder Orientierung: »Ist doch Privatsache!« ist der Ausruf unbedarfter Konformisten. Denn wer zur Mehrheit gehört, versteht häufig die Sorgen der Minderheit nicht. Dabei ist es nicht so schwer: Wer das Gefühl hat, sich verstecken zu müssen, damit »die Privatsache« bloß nicht ans Tageslicht des Alltags von Büro oder Werkshalle kommt, wird verschlossener sein und seine Energie auf die Geheimhaltung richten – statt auf die nächste Innovation im Unternehmen.

Ein entscheidender Vorteil für Unternehmer: Studien belegen, dass Vielfalt im Unternehmen diesem wirtschaftlich gut tut. Unternehmen mit hoher Diversity sind innovativer, haben eine stärkere Arbeitgebermarke (Employer Branding) und ein besseres Arbeitsklima. Kurz gesagt: Diversity schafft Dividende. Vielfalt schafft Vermögen.

Perspektiven verstehen und Bedürfnisse erkennen als Basis für Innovationen

Wer die innovative Kraft im Unternehmen stärken will, sollte bei der Suche nach innovativen Angeboten die Perspektive wechseln können. Allzu häufig beginnen Innovationsprozesse noch mit der Frage: »Wie können wir unser Produkt verbessern?« – Klingt vernünftig, zäumt das Pferd jedoch von hinten auf. Die Ausgangsfrage sollte eher lauten:

  • Welche Lösung erhofft sich der Kunde von unserem Angebot?
  • Welches Problem löst unser Angebot für den Kunden?
  • Was wird aus seiner/ihrer Perspektive dadurch leichter, schneller, besser, günstiger …?

Dieses kleine 1×1 der Produktentwicklung (aber auch von Vertrieb, Marketing, Service) wird leider häufig vergessen und man schaut zunächst von der »technischen« Seite auf das eigene Angebot. Das Ergebnis sind dann zwar technische Verbesserungen – die aber für den Kunden keinen erkennbaren Nutzen stiften. Die Kernfrage lautet: »Welchen erkennbaren zusätzlichen Nutzen stiftet die Innovation für den Kunden aus dessen Sicht?« Jede Innovation muss durch das Nadelöhr der Kundenperspektive – sonst ist es keine Innovation, sondern nur eine Variation. Kurzum: Beginnen Sie mit der Perspektive des Kunden – nicht derjenigen Ihres Angebots!

Ein Beispiel aus dem Bereich Heimwerken: Statt die existierende Bohrmaschine aus Ihrem Programm weiter zu verbessern, etwa durch eine höhere Drehzahl oder einen günstigeren Preis, kommen Sie so vielleicht auf die disruptive Idee, einen starken Klebestreifen zu entwickeln, nachdem Sie verstanden haben, dass die meisten Menschen im Haushalt nur vergleichsweise winzige Löcher zum Aufhängen leichter Gegenstände benötigen (Handtuchhaken, Bilder, Wandspiegel).

Doch dieser Perspektivwechsel erfordert mindestens zweierlei Kompetenzen: Zum einen muss ich mich kognitiv auf den Kunden, dessen Kontext und seine Herausforderungen einlassen können. Zum anderen – und das ist häufig der der schwierige Part – muss ich seine emotionale Lage (seinen »Schmerz«) nachempfinden können. Ich muss die unterschiedlichen Bedürfnisse des Kunden erspüren können. Ich brauche also ein hohes Maß an sozialem Einfühlungsvermögen.

Und hier spannt sich der Bogen zum Aspekt Vielfalt und Diversity Management: Je komplexer mein interner Kosmos, den ich in meinem Unternehmen managen muss, desto eher kann ich auch die komplexen Welten meiner Kunden verstehen. Ein Dienstleistungsangebot für Frauen – nur von Männern entworfen; eine nur von deutschen Ingenieuren für den indischen Markt entworfene Maschine; ein nur von »alten Hasen« konzipiertes Angebot für Jugendliche? – Ja, alles möglich, aber die Chancen stehen hoch, dass hier knallhart an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbei entwickelt wird. Erfolgversprechender ist der Ansatz, die Vielfalt und Komplexität bereits frühzeitig in die eigenen Prozesse zu integrieren.

Warum Diversity die Agilität in Ihrem Unternehmen fördert

Diversity-Expertin Hanna Göhler weist darauf hin, dass für agile Organisationen der kompetente Umgang mit Vielfalt eine wichtige Voraussetzung ist, um das Potenzial der agilen Methoden auch nutzen zu können. Agilität ist ein Kulturthema. Sie stellt die These auf:

  • »Nur wer die Diversität in der Gruppe kennt, wertschätzt und nutzbar macht, kann wirklich agil sein und arbeiten. Damit ist es ein System-, Kultur-, Führungs- und ein individuelles Thema.«

Mehr dazu in ihrem lesenswerten Artikel »Warum Agilität und Diversity zusammengehören«. Dort erläutert sie auch das Konzept des »Diversity-Lernens« als Teil einer Lernkultur hin zu mehr Agilität. Hanna Göhler schreibt:

»Ambiguitätstoleranz« (also die Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten und Unterschiede auszuhalten oder besser, diese zu akzeptieren), gilt als ein Merkmal von Diversity Awareness. Sie ist ebenso unabdingbar für das agile Mindset. Wenn diese Fähigkeit fehlt, reagieren Menschen auf mehrdeutige und oft unkontrollierbar erscheinende Situationen im agilen Setting mit »linearem Denken«. Sie verfallen in starre, alte, tradierte Muster, also dem Gegenteil von »being agile« und konstruktivem Diversity-Lernen.

Wie kann eine Basis geschaffen werden, aus der Innovationen wachsen können?

Für Führungskräfte ist es wichtig, eine gemeinsame Basis zu schaffen und einen stabilen Rahmen zu gewährleisten, in dem die kreative Spannung wirken kann und nicht destruktiv wird. Damit sind auch Fragen der Unternehmenskultur angesprochen, die von Vertrauen, offenem Feedback und einem ausgeprägten Gemeinsinn gekennzeichnet sein sollte. Nur so können Brücken gebaut und das typische Silo-Denken, z. B. zwischen Abteilungen oder Teams, vermieden werden.

Unterstützen Sie die Vielfalt und den übergreifenden Austausch im Unternehmen. Laden Sie zum offenen Diskurs und disruptiven Ideen ein. Setzen Sie in Workshops und bei größeren Veranstaltungen auf das Potenzial, das im cross-hierarchischen, cross-funktionalen oder auch cross-regionalen Austausch liegt. Lassen Sie etwas mehr »bunt« im Unternehmen zu und sorgen Sie dafür, dass Ihr Unternehmen ein Ort ist, an dem positive Spannung ihre kreative Kraft entfalten kann.

Zum Weiterlesen:

Daniel Goetz
Der Artikel wurde vom Autor ursprünglich veröffentlicht im Blog von agateno.
Foto: Matthew Schwartz by unsplash.com

Warum die digitale Transformation kein Change ist – und wie Sie die Transformation meistern

Die digitale Transformation ist eine fundamentale Veränderung, die sich nur mit einem ganzheitlichen Modellansatz umfassend verstehen lässt. Die sieben Wesenselemente einer Organisation sowie deren wechselseitiger Zusammenhang lassen sich anhand des Beispiels der digitalen Transformation einer Einkaufsabteilung gut verstehen.

Zukunftsträchtige Unternehmen weisen ein besonderes Mindset auf, das Innovationen fördert. Innovative Unternehmen zeichnen sich durch eine Innovationskultur aus, die den Narren im Unternehmen Raum zur Entfaltung gibt und die Musterunterbrechungen unterstützt. Musterunterbrechungen fördern Innovationen. Auch das agile Arbeiten erfordert ein völlig neues Vorgehen. Denn gegenüber der traditionellen Herangehensweise ist beispielsweise das iterative Vorgehen der agilen Methode Scrum mit »Retros« und »Reviews« eine deutliche Musterunterbrechung. Darüber hinaus benötigt Selbstorganisation – sei es beim agilen Arbeiten oder auch ohne das spezifisch iterative Element – eine neue Beziehungskultur. D.h. es braucht neue Muster in der Beziehungsgestaltung. Last but not least spielen Musterunterbrechungen auch eine große Rolle beim Megathema: digitale Transformation. Dazu mehr in diesem Blogbeitrag. Beim Stichwort Innovationen denkt man häufig daran, »etwas« zu erfinden. Die digitale Transformation ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, dass man auch »sich selbst neu erfinden« muss, um Schritt halten zu können und noch in die Zeit zu passen.

Transformation bedeutet mehr als nur Change

Der klassische »Change« beschreibt in der Regel eine lineare Veränderung von einem Ausgangszustand zu einem anvisierten Zielzustand. Bei einer echten »Transformation« hingegen weiß man vom Ausgangszustand aus betrachtet noch gar nicht so richtig, in welchem Zielzustand man landen wird. Das liegt daran, dass die Transformation hochkomplex ist und durch zahlreiche unvorhersehbare Parameter beeinflusst wird – Stichwort »VUCA-Bedingungen«.

Für diese umfassende Betrachtung der Transformation ist es nützlich, ein Modell zu haben. Wir verwenden dazu das »Systemkonzept« nach Trigon (Professor Glasl). Es beinhaltet die sieben Wesenselemente einer Organisation. Es ist sinnvoll, alle sieben Wesenselemente zu beobachten und zu analysieren, ob und inwiefern sie sich im Rahmen der Transformation verändern.

Die sieben Wesenselemente einer Organisation

Hier ein erster Überblick über den Charakter der sieben Wesenselemente einer Organisation:

1. Identität (hierzu zählen auch Konzepte wie Vision, Mission, Leitbild, Purpose der Organisation): Was ist unser fundamentales Selbstverständnis als Organisation? Was ist unser Beitrag für die Gesellschaft oder (etwas profaner) das Wirtschaftssystem, in dem wir tätig sind?

2. Strategie (auch Unternehmenspolitik): Wie lautet unser Businessmodell? Welche Prinzipien oder Grundregeln sollen uns beim Wirtschaften leiten?

Diese beiden Wesenselemente lassen sich als der Kopf der Organisation beschreiben (bzw. als »kulturelles Subsystem« in der Taxonomie von Glasl).

3. Strukturen: Hierzu zählen die Aufbaustruktur (das Organigramm), das Layout der Organisation sowie die Gestaltung der Führungshierarchie.

4. Funktionen: Wie sind die Aufgaben in Einzelfunktionen und Organe aufgeteilt?

5. Menschen: Wie lässt sich das Klima im Unternehmen beschreiben? Wie der Führungsstil? Wie ist das Mindset (Grundhaltung, Einstellung) der Mitarbeitenden? Wie wird mit Ambivalenzen (u. a. Konflikten und Diversität) umgegangen?

Diese drei Wesenselemente lassen sich als das Herz der Organisation beschreiben (»soziales Subsystem« in der Taxonomie von Glasl).

6. Prozesse: Wie sind die Arbeitsabläufe im Unternehmen gestaltet? Wie (transparent) wird informiert? Wer wird wann einbezogen? Wie werden Meetings gestaltet?

7. Physische Mittel: Wie (modern) ist die Infrastruktur im Unternehmen? Wie die Ausstattung mit Hard- und Software? Wie viele Standorte existieren und wie sind diese regional verteilt? Wie sind die Arbeitsplätze (Großraum- vs. Einzelbüros vs. Home Office) gestaltet?

Diese beiden Wesenselemente lassen sich als die Hand der Organisation beschreiben (»technisch-instrumentelles Subsystem« in der Taxonomie von Glasl)

Identität, Struktur und physische Mittel lassen sich als die stabilisierenden (und langfristig eher konstanten) Aspekte des Systems beschreiben, während Strategie, Funktionen und Prozesse demgegenüber eher kurzfristig und dynamisierend für das System der Organisation wirken. Es wird schnell deutlich, dass die verschiedenen Elemente interdependent sind – also wechselseitig voneinander abhängig: Verändere ich ein Element, so verändern sich auch andere Elemente des Systems direkt mit. Es geht also um die bewusste Analyse und Veränderung des gesamten Systems der Organisation. Eine isolierte Veränderung eines einzelnen Wesenselements ist nicht möglich. In der Businesspraxis wird jedoch leider häufig so getan, als könne man nur ein einzelnes Element verändern, ohne die übrigen anzutasten oder zu berücksichtigen.

Der praktische Nutzen des Systemkonzepts

Ein Modell wie dieses ist nicht dazu gedacht, einfache Antworten zu liefern. Vielmehr hilft es Entscheidern dabei, kluge Fragen zu stellen. Denn die richtigen, weil wichtigen Fragen sind häufig viel relevanter für den Erfolg eines Unternehmens als die schnellen Antworten. Daher ist auch die Frage »Was ist die beste Konstellation der sieben Wesenselemente?« ohne Berücksichtigung eines konkreten Kontextes sinnlos.

Es wird klar, dass es auf diese Frage nicht die eine »objektive« Antwort geben kann – sondern nur eine höchst individuelle und spezifisch auf das Unternehmen bezogene, temporäre Antwort. Daher müsste eine nützlicher formulierte Frage lauten: »Welche Konstellation ist für uns in der jetzigen Situation – vor dem Hintergrund unserer Historie und unserer daraus erwachsenen Ressourcen sowie mit klarer Ausrichtung auf unsere gewünschte Zukunft – angemessen und nutzenstiftend?«

Die digitale Transformation einer Einkaufsabteilung analysiert mit dem Modell der sieben Wesenselemente

Anhand eines Beispiels lässt sich das Modell der sieben Wesenselemente verstehen: Stellen wir uns dazu eine Einkaufsabteilung eines großen Industrieunternehmens vor, die durch eine digitale Transformation geht. Der Kosten- und Effizienzdruck auf die Einkaufsabteilungen steigt. Gleichzeitig wachsen die Möglichkeiten durch die digitale Transformation. Big Data, künstliche Intelligenz und Plattformökonomie sind nur einige der Schlagworte, die in diesem Zusammenhang fallen. Doch schon heute haben diese Schlagworte einen ganz konkreten Einfluss auf den Arbeitskontext und die Arbeitsgestaltung der Menschen.

Wie die Plattformökonomie den Einkauf verändert

Doch was sind die Auswirkungen einer konsequent durchdachten Plattformökonomie? Die Preisgestaltung wird zunehmend transparenter. Die Wertschöpfungsketten werden zunehmend integrierter – und bilden sich zu Wertschöpfungsnetzwerken aus. Die Kostenstruktur der Lieferanten, aber auch jene der Produzenten werden immer öffentlicher. Das »Pokerface« bei der Einkaufsverhandlung wird überflüssig, da jeder sein Blatt ohnehin offen auf den Tisch legt. Die Regeln des Spiels ändern sich fundamental. Vielleicht stellt man sogar fest, dass man ein neues Spiel erfinden muss, um weiterhin im Spiel bleiben zu können. Und dieser Punkt ist äußerst wichtig zu beachten: Es geht nicht nur um eine reine Digitalisierung der bestehenden Prozesse. Vielmehr gilt es, die Möglichkeiten der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Und dies geht häufig mit einer Anpassung der Geschäftsmodelle einher.

Es sind also keineswegs nur die »Prozesse«, die angepasst werden müssen – auch wenn dies natürlich auf den ersten Blick die auffälligsten Veränderungen sind. Vielmehr ziehen die Veränderungen der Prozesse häufig auch Veränderungen der Hard- und Software nach sich (»physische Mittel«): Daten werden automatisiert aggregiert, analysiert und ausgegeben, so dass sich die Mitarbeitenden schnell einen Überblick verschaffen können. Das verändert die Entscheidungswege und auch die Art und Weise, wie sich die Menschen in der Abteilung abstimmen und zusammenarbeiten.

Doch das sind nur die offensichtlichen Veränderungen. Die veränderte Arbeitsweise kann Veränderungen im Zuschnitt der Einkaufsabteilung sinnvoll machen (z. B. Abbau von Silos – oder umgekehrt auch Aufbau von spezialisierten Unterabteilungen). Neben den »Funktionen« können davon auch Veränderungen der »Struktur« (Organigramm) betroffen sein. Es ist sogar möglich, dass die »Strategie« des Einkaufs angepasst werden muss, da Wertschöpfung nun auf andere Weise – nicht mehr durch »hartes Verhandeln« – geschieht.

Eine Transformation berührt das Selbstverständnis der Mitarbeitenden

Die fundamentalste Änderung betrifft jedoch die Menschen selbst – und zwar ihr »Selbstverständnis«, also ihre berufliche »Identität« als Einkäufer. Das Selbstverständnis als Einkäufer verändert sich nämlich durch die digitale Transformation. Wo der Einkäufer früher dafür bekannt war, gute Ergebnisse dadurch zu erzielen, auch in harten Verhandlungen ein Pokerface zu behalten, wird zukünftig durch die Plattformökonomien der beste Preis transparent und automatisch ausgehandelt. Der Mensch als Verhandler im engeren Sinne wird nicht mehr benötigt. Der Einkäufer muss seine Rolle und seine Funktion in diesem System also neu definieren. Zukünftig wird der Einkäufer vor allem als Problemlöser und Beziehungsmanager benötigt. Der Mensch wird vor allem dann gefordert sein, wenn Probleme mit dem Lieferanten bzw. dessen Produkten auftauchen. Dies erfordert völlig neue Kompetenzen bei den Einkäufern; andere Werte werden relevant für die Arbeit.

Kurzum: das Selbstbild des Einkäufers wandelt sich fundamental. Für den einzelnen Mitarbeiter und die einzelne Mitarbeiterin bedeutet dies, sich völlig neu erfinden zu müssen. Alte Kompetenzen und Patentrezepte funktionieren nicht mehr. Bisherige Werte müssen sich wandeln. Dem und der Einzelnen kann dies jedoch nur gelingen, wenn auch in dem Unternehmen selbst diese Werte gelebt werden. Sinnvollerweise ergeben sich durch die hier skizzierte digitale Transformation auch Auswirkungen auf die Kultur (und die »Menschen« in der Taxonomie des Systemkonzepts) des Unternehmens.

Die Gewinner dieser Transformation sind diejenigen, die sich an die neue Situation am schnellsten anpassen können. Wer seine (berufliche) Identität hier nicht als monolithisch, sondern als fluide begreift, hat die Vorteile auf seiner Hand. Auf dieses »fluide Selbst« werden wir in einem der kommenden Blogbeiträge näher eingehen. Hier werden wir auch Parallelen zum Konzept des »Transhumanismus« aufzeigen.

Die neurologischen Grundbedürfnisse des Menschen müssen in der Transformation geschützt werden

Die Führungskräfte sind in einer Transformation gefordert, nicht nur Vorbilder für die Transformation zu sein. Zudem muss die Führung die neurobiologischen Grundbedürfnisse der Menschen schützen und befriedigen. Das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit und Gewissheit wird in der Transformation auf die Probe gestellt. Die Führung kann durch die Betonung und Förderung von »Verbundenheit« der Verunsicherung der Mannschaft entgegenwirken. Vor allem, wenn der wahrgenommene Status oder »Selbstwert« von Mitarbeitern – z. B. durch veränderte Rollen – in Gefahr ist, braucht es Fingerspitzengefühl seitens der Führung. Besonders in Zeiten von Transformationsprozessen ist es wichtig, Mitarbeitende aktiv mit einzubinden (Bedürfnis nach »Selbstwirksamkeit«).

Daniel Goetz
Foto: Ashwin Vaswani by unsplash.com

Der Artikel erschien ursprünglich auf www.agateno.com.


 

Sie sind für den Wandel in Ihrem Unternehmen verantwortlich? Dann wird für Sie die Frage interessant sein: Wie kann HR den Wandel auf Augenhöhe mit der Geschäftsführung vorantreiben?

Auf unserer Veranstaltung SYNNECTA-Tischrunde Transformation Partner am 15. Oktober 2019 in Köln diskutieren wir mit Ihnen Lösungen, wie Sie als interner HR-Profi in Ihrem Unternehmen den Wandel aktiv mitgestalten können. Im März 2020 starten wir unsere neue Ausbildung zum »Transformation Partner« in Köln. Erfahren Sie mehr dazu auf unserer Website hr-transformation-partner.com.

HR im Wandel auf Augenhöhe mit der Geschäftsführung

Die Transformation ist in den meisten Unternehmen zum Normalzustand geworden. Die Anforderungen der Märkte, neuer Technologien oder auch des demografischen Wandels erfordern kontinuierlichen Wandel. Im Grunde ist HR dafür der natürliche Ansprechpartner – denn es geht dabei immer um den Menschen. Und wenn Wandel scheitert, dann nahezu immer an den Befürchtungen und Vorbehalten der Menschen – nicht an mangelnden Plänen, Technik oder klugen Gedanken.

HR hat viele Aufgaben – und im Konzept des HR Business Partners (nach Dave Ulrich) sind diese Aufgaben zumindest in der Theorie bereits angelegt. Vom administrativen Experten über die Personalentwicklerin bis hin zum strategischen Partner und Change Agent (vgl. Grafik).

Quelle: Dave Ulrich Business Partner Modell (eigene Darstellung)

Das Problem: Die Personalabteilung wird nur in den wenigsten Unternehmen als kompetenter Partner für strategische Veränderungsprozesse wahrgenommen. Es überwiegt die Sichtweise, dass HR vor allem für die administrativen Belange wie Krankschreibungen, Urlaubsverwaltung und Rekrutierungen verantwortlich ist.

Doch HR kann mehr! HR kann zum kompetenten Transformation Partner der Geschäftsführung werden und einen erkennbaren Wertbeitrag im Wandel leisten.

HR in der Rolle des strategischen Transformation Partners

Damit HR – z.B. in der Rolle des Business Partners – die Führung auf Augenhöhe beraten kann, benötigt der Transformation Partner ein gewisses Standing gegenüber der Geschäftsleitung. Dieses Standing muss sie oder er sich häufig erst erarbeiten. Um auf Augenhöhe mit der Geschäftsleitung kommunizieren zu können, sollte der Transformation Partner eine Reihe von Kompetenzen mitbringen. Doch wie erreiche ich diese herausragende Position?

Die Herausforderungen für HR sind vielfältig:

    • Wie kann ich mir ein strategisches und systemisches Verständnis für Prozesse aneignen – und dies auch kommunizieren?
    • Wie spreche ich die Sprache des Managements?
    • Mit welchen Modellen kann ich strategisch argumentieren?
    • Wie kann ich die auftretenden Emotionen und Konflikten im Change managen?
    • Wie kann ich die Kultur des Unternehmens »lesen«?
    • Wie schaffe ich es, über die grundlegenden Verläufe von Veränderungsarchitekturen im Bilde zu sein?
    • Wie werde ich zum natürlichen Ansprechpartner und »Wissens-Broker« für alle den Change betreffenden Prozesse?
    • Wie kann ich mich innerhalb von Management-Meetings als Transformation Partner positionieren, um einen erkennbaren Wertbeitrag für die Transformation des Unternehmens leisten zu können?

Im Rahmen der bereits mit zahlreichen Teilnehmenden erfolgreich durchgeführten SYNNECTA-Ausbildung »Transformation Partner« beantworten wir diese Fragen. Durch unseren engen Kontakt mit größeren mittelständischen Kunden und Großunternehmen wissen wir, wo in den HR-Abteilungen der Schuh drückt – und wie HR als Transformation Partner einen echten Mehrwert in Veränderungsprozessen leisten kann.

Auf unserer Veranstaltung SYNNECTA-Tischrunde Transformation Partner am 15. Oktober 2019 in Köln diskutieren wir mit Ihnen Lösungen, wie Sie als interner HR-Profi in Ihrem Unternehmen den Wandel aktiv mitgestalten können.

Daniel Goetz