Mark Manson: Everything is Fucked. Ein Buch über Hoffnung
Der Titel ist irgendwie unwiderstehlich: »Everything is Fucked«, das scheint den Zustand der Welt – oder doch zumindest des eigenen Lebens – endlich mal genau auf den Punkt zu bringen. Und dann noch ein verheißungsvoller Untertitel, der Abhilfe verspricht: »Ein Buch über Hoffnung«.
Mark Manson, Jahrgang 1984, ist vor mehr als zehn Jahren angetreten, die Selbsthilfeindustrie und -literatur zu revolutionieren, die ihm zu sehr von esoterisch angehauchtem, weichgespülten Wohlfühlgeschwätz dominiert war. Manson hält mit einem Ansatz dagegen, den er am kürzesten wohl mit seinen eigenen Worten in der Formulierung zusammenfasst: »Humans suck. Work at sucking less.«
In »Everything is Fucked« setzt sich Manson zu diesem Zweck mit den großen Fragen der Philosophie auseinander: Wie sollen wir damit umgehen, dass alles, was wir tun, zumindest langfristig und aus einer kosmischen Perspektive betrachtet, letztlich völlig sinnlos ist? Wie sollen wir unserem Leben eine Bedeutung geben?
Manson gehört dabei nicht zu den Fortschrittspessimisten wie etwa Yuval Noah Harari, für die die Menschheitsgeschichte seit der Sesshaftwerdung nur noch bergab geht. Im Gegenteil: Manson argumentiert, dass die Gegenwart die bisher beste Zeit sei, um am Leben zu sein. Er gewinnt sogar der Vorstellung etwas Positives ab, dass wir in der nahen Zukunft versuchen werden, die außer Kontrolle geratene Künstliche Intelligenz und ihre uns nicht mehr nachvollziehbaren Algorithmen durch ähnlich wirkungslose Rituale zu beeinflussen wie einst die frühen Menschen die Götter. Er fragt sich nur, warum es uns psychisch dann allen so viel schlechter geht als früheren Generationen.
Wie in allen seinen Texten argumentiert Manson auch in »Everything is Fucked« klar und absolut logisch, wissenschaftlich fundiert. Er nimmt die Leserinnen und Leser mit auf einen unterhaltsamen Streifzug durch die Philosophiegeschichte von Plato und Aristoteles über Buddhismus und Existentialismus bis hin zu Nietzsche, Schopenhauer und Kant. Besonders beeindruckend finde ich sein Verständnis gerade der deutschen Philosophen und wie wundervoll typisch amerikanisch glasklar er ihre Gedankengänge darlegt. Eingestreute Anekdoten bringen das, worum es ihm geht, dabei immer wieder wunderbar auf den Punkt. So erzählt er zum Beispiel die Geschichte von Witold Pilecki, der sich freiwillig nach Auschwitz einschleusen ließ, und lädt die Leser anschließend ein, sich zu fragen, was sie eigentlich in letzter Zeit so gemacht haben.
Im Mittelpunkt stehen dabei traditionelle philosophische Fragen wie die nach dem freien Willen: Warum tun wir, was wir tun, beziehungsweise warum tun wir nicht das, was wir tun wollen oder sollen? Manson konstatiert, dass unsere Gesellschaft aktuell darunter leidet, nicht erwachsen genug zu sein. Zu viele richteten ihr Handeln nach den unreifen Prinzipien Jugendlicher aus. Mit Kant begegnet Manson dieser Malaise mit der erfrischenden Forderung, dem eigenen Handeln endlich ethische Prinzipien zugrunde zu legen, die um ihrer selbst willen gelten und nicht nur als Mittel zu einem Zweck. Ähnlich wie in seinem ersten Buch »Die subtile Kunst des Daraufscheißens« fordert er, Unangenehmem und Schmerz nicht auszuweichen, sondern sich gut zu überlegen, wozu man sie auf sich nehmen will. Erwachsen werden schien noch nie so attraktiv wie nach der Lektüre von »Everything is Fucked«.
Mark Manson: Everything is Fucked. Ein Buch über Hoffnung
Riva 2019 | 256 Seiten
Sabine Anders