Das erste SYNNECTA Werkhaus hat stattgefunden. Ein wertvolles Geschenk, die rege Gestaltung durch viele unterschiedliche Menschen, die im Altenberger Hof in Köln am 19. Mai 2017 zusammenkamen. Darüber freuen wir uns.

Entlang der Trends des Jahrtausends waren unsere Räume ausgerichtet: Agilität, Blended Learning, Diversität, Unternehmen in der Gesellschaft. Die Teilnehmenden bewegen sich im Open Space Prinzip durch die Räume, stellen sich und anderen Fragen, sind eingeladen auch die unmöglichen Antworten zu umarmen. Im Werkhaus sind wir kritisch, ehrlich und »agil«, probieren neue Arbeitstechniken, testen Ideen und prüfen Trends.

Oder lassen Trends entstehen. Denn eine Sache ist kaum trendig, aber nicht weniger wichtig, im beruflichen Kontext Fragen zur sexuellen Orientierung zu stellen. Weil das Thema einen bedeutenden Teil menschlicher Identität betrifft, haben wir nachgefragt, online und (zum dran gewöhnen) anonym. Damit wollen wir uns für die Relevanz des Themas für Organisationen aussprechen.

Wer Unternehmen bewegen will, muss Menschen bewegen, so unsere Idee als Organisationsentwickler. Dazu braucht es Menschen, die bereit sind, ihr Denken und Handeln kritisch zu hinterfragen. Robert Franken, Feminist und Experte für digitale Potenzialentfaltung, weist uns in seinem Impulsvortrag auf die Notwendigkeit hin, sich dem eigenen Unconscious Bias bewusst zu werden. In welcher (gesellschaftlichen) Ordnung entstehen meine Gedanken über mich und andere? Auch wenn es mit Unbehagen besetzt ist, sich den eigenen Vorurteilen zu stellen: Erst wenn wir den Deutungsrahmen halbwegs verstanden haben, können wir Änderungen erwarten.

Wie fühlt es sich an, durch einen 400qm Raum zu stolpern? Michael Moritz lädt uns dazu ein, die Angst und Bedenken zuzulassen, um sie loszulassen. Lass dich fallen, du fängst dich schon auf. Der Schauspieler übt mit uns, wie wir stolpern, sogar hinfallen. Die Bedeutung von »Risiko + Mut« im eigenen Leben wahrzunehmen, welche Risiken gehe ich ein, wann bin ich mutig, wie stehe ich auf und gehe weiter – all das körperlich zu spüren und sich dem hinzugeben, dazu hat uns Michael Moritz in seiner anregenden Session motiviert.

Mit dem Blick auf Unternehmen im Wandel bleibt das Thema »Agilität« nicht aus. Wann nützt es »agil« zu sein, haben wir uns gefragt. Und haben den Praxistest gemacht. In komplexen Situationen bieten agile Vorgehensweisen und Methoden diverse Vorteile. Das haben uns die engagierten Teilnehmenden unserer Ausbildungsgruppe »Agile Culture Coach« (Staffel 2) mit dem Ubongo Flow Game gezeigt. Learning: Selbstorganisation steigert Verantwortungsbewusstsein, Motivation und Zufriedenheit.

Vom einzelnen Menschen hin zur Gesellschaft: Im Filminterview (Produktion von Filmkontor), sprach Rüdiger Müngersdorff mit Martina Merz, Maschinenbauerin, ehemalige CEO, Aufsichtsrätin. Die Frage: Was ist wichtig in der heutigen VUCA-Welt? Ihre Antwort: »Denken, und am besten auch noch Denken ohne Geländer.« Eine gute Voraussetzung, wenn es um strategische Bedeutung von Sinn und um gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen geht.

Es sind die kritischen Themen, die uns bewegen. In Formaten wie dem Werkhaus möchten wir als OrganisationsentwicklerInnen dazu anregen, sich damit zu befassen, was Menschen betrifft. Gedacht ist keine Wiederholung von modernen Buzzwords, sondern das Raum-öffnen für eben diese menschliche Fragen und Antworten. Weil in Unternehmen Menschen arbeiten.

Neben all den Diskursen und interessanten Impulsen haben wir uns am Abend mit der Geburtstagsfeier von Jörg Müngersdorff ein weiteres Geschenk gemacht, geselliges Zusammenkommen mit KollegInnen, unseren Kunden, Freundinnen und Freunden. Angestimmt mit Musik von Tobias Langguth, der unseren Abend mit Jazz, Bossa Nova und Blues begleitete.

Erhalten Sie hier Einblicke und Details aus den einzelnen Workshops:

Agilität – Sei Pippi nicht Annika!

In vier Sprints haben wir mit den Teilnehmern engagiert debattiert und verschiedene Dimensionen der Agilen Transformation beleuchtet.

  • Organisation
  • Führung
  • Zusammenarbeit
  • Mindset

Die lebendige Diskussion wurde live in Skizzen durch Susanne Ferrari – eine professionelle Zeichnerin der Visual Facilitators festgehalten. Ausgangspunkt jedes einzelnen Sprints war die Frage, warum das Thema Agilität aktuell in allen Unternehmen und Organisationen so heiß diskutiert wird.

Dabei wurde schnell deutlich, dass Agilität mehr als ein Buzzword ist. Unsere Welt wird immer mehr zur VUCA-World, Planbarkeit und Sicherheit gehören mehr und mehr der Vergangenheit an. In Zukunft sind Prognosen kaum mehr möglich, unklare Ziele und Regeln, die sich laufend ändern, sind die neue Realität. Erfolgreiche Organisationen ermöglichen Beteiligung und Resonanz, sie entwickeln ein gesundes Maß an Resilienz. Für Unternehmen ist Agilität existentiell! Dies kann auf den ersten Blick bedrohlich wirken, aber es steckt auch eine Riesen-Chance darin. Der Umgang mit Disruption und Vielfalt macht den entscheidenden Unterschied. Raus aus dem Labor, hin zum Feldversuch, sich einlassen auf iterative Prozesse, Lösungen für Probleme, die vor einer Stunde noch nicht bekannt waren, entwickeln und neue Ökosysteme entdecken – die Kraft der ungebremsten Beteiligung spüren, das ist Vitalität!

Das Ergebnis unserer vier Sprints macht deutlich – Agilität ist mehr als neue Methoden und Prozesse. Erfolgreiche agile Transformation gelingt dann, wenn die Organisation sich einer neuen Kultur öffnet, wenn neue Formen der Zusammenarbeit etabliert werden, wenn sich ein anderes Verständnis von Führung breit macht und wenn sich die beteiligten Menschen offen und mit Zuversicht den Prozess aktiv gestalten. Dieser Mindset macht Lust auf die Zukunft!

Renate Standfest

Diversity – Jenseits des Feigenblatts

Wenn ich du wäre, und sie er, was wäre dann.
Du bist nicht ich, umgekehrt auch nicht, wir sind zwei oder mehr.
Ich bin ich, aber wie und warum.

These 1: Diversity ist eine Zumutung, These 2: Diversity beginnt bei uns selbst.

Warum es eine Zumutung ist, liegt am Begriff selbst, denn Zumutung entstammt dem Wort zuschreiben, abgeleitet aus dem lateinischen imputare. Bei Vielfalt geht es auch immer um Zuschreibungen und Bilder im Kopf, die wir über uns selbst und andere haben, dem unconscious bias.

Im Workshop erlebten wir ein außerordentliches Interesse an der Auseinandersetzung mit dem Thema Privilegien und daraus entstehenden Un-/Möglichkeiten im Leben Dinge zu tun, etwa im Bereich der Karrierewege. Sich persönlichen Fragen zu öffnen, bedeutet Risiko. Etwas persönliches preiszugeben, ist im Privaten vielleicht nichts Besonderes, im Beruflichen durchaus. Denn die Beschaffenheit und Logik aller Strukturen, in denen wir handeln, sind unter anderem auch beeinflusst von Machtverhältnissen, und das wirkt sich auf uns als Person aus. Unsere Identität ist davon bestimmt. Im Wort Zumutung steckt, jedenfalls in dessen Schreibweise, auch »Mut«. Diesen brauchen wir, wenn wir uns selbst beschreiben. Mehr zu Diversity bei SYNNECTA lesen Sie hier.

Hanna Göhler

Unternehmen in der Gesellschaft

Im Werkhaus haben wir das Thema als offenes Format in vier Einheiten bearbeitet. Nachdem unsere Berater Detlef Däke und Eike Reinhardt das Thema eingeführt haben, hat unser Gast Prof. Dr. Wolfgang Stark mit einem Impuls zur Frage »Welche Unternehmensverantwortung braucht unsere Gesellschaft in der Zukunft« den Diskurs eröffnet:

Corporate Social Responsibility (CSR) und Corporate Citizenship (CC) haben Einzug gehalten in die interne Auseinandersetzung vieler Unternehmen und werden durch Projekte, Stiftungen und die Bereitstellung von Sach- und Geldmittel erlebbar. Strategische Bedeutung für Sinn und Ausrichtung der Unternehmen und die Übernahme von Verantwortung für die gesellschaftliche Entwicklung ist damit jedoch nicht verbunden. Unternehmenskultur ist nach innen orientiert und wird geprägt von einer Orientierung nach dem business case und der Erreichung von KPIs. Bedeutung wird CSR aber erst erlangen, wenn sich in den Unternehmen eine gesellschaftlich relevante Engagementkultur entwickelt.

(Wolfgang Stark war viele Jahre als Professor für Organisationsentwicklung an der Universität Essen/Duisburg tätig und begleitet heute mit dem Strascheg Center for Entrepreneurship Startups und junge Unternehmer.)

Wie aber kann sich eine geänderte Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft entwickeln? Unserem CoCreation-Ansatz folgend haben wir mit den interessierten Teilnehmern des Werkhauses diskutiert und uns dabei am Quadruple Helix Model orientiert, das eine Kooperation der Systeme Verwaltung, Bildung, Unternehmen und Zivilgesellschaft beschreibt. Gemeinsam sind wir überzeugt, dass eine enge Kooperation dieser Stakeholder auf Augenhöhe ein hohes Innovationspotenzial für Gesellschaft und Unternehmen bietet, wenn junge Menschen neuen Lebensmodellen folgen und gleichzeitig der demografische Wandel den Wettbewerb um Fachkräfte immer weiter verschärft. Offen geblieben sind Antworten auf die Fragen, welche Regeln eine solche Kooperation benötigt und welche Form von Führung in einer engagierten Gesellschaft erforderlich ist.

Wir wollen die Ansätze aus dem Werkhaus weiterführen und Angebote entwickeln, die als Orte des Dialogs und des Diskurses die verschiedenen gesellschaftlichen Systeme zusammenführt.

Detlef Däke

Trendlabor Blended Learning

Im Trendlabor untersuchten die Teilnehmenden an mehreren Stationen die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Corporate Learning. In jeder der vier Runden wählten sie ein andereren Fokus für die Diskussion: Zu Beginn lichteten sie mit Hilfe eines Begriffs-Bingos den Dschungel der Terminologien (Blended Learning, WBT, F2F, SCORM …).

Runde 2 setzte den Schwerpunkt auf das soziale Lernen, das keineswegs auf die neuen Möglichkeiten durch öffentliche oder auch Corporate Social Media beschränkt ist. Das Königsthema »Nachhaltiger Lerntransfer« wurde anhand von rund 20 konkreten Ansätzen zur Übertragung von Gelerntem in den beruflichen Alltag sehr lebhaft diskutiert. Runde 4 schließlich beschäftigte sich mit Mikro-Lerneinheiten (Lern-Nuggets).

An den Technologie-Stationen der Anbieter Blink.it (Mobile Learning) und CBTL (Authoring) konnten die Teilnehmenden einen Einblick in aktuelle Formen des Lernens gewinnen. Zum Abschluss fassten die Teilnehmenden ihre Erkenntnisse aus dem Trendlabor in einem Satz zusammen und hielten diese ad-hoc in einem Smartphone-Video fest. Die Videos standen noch am gleichen Tag auf der Lernplattform allen Teilnehmenden zur Verfügung – ganz im Sinne des Social Learning.

Teilnehmer-Stimmen aus den Videos:

  • Der hohe Anwendungsbezug gefiel den Teilnehmenden: »Es war sehr interessant, die breite Auswahl an Lerntransfer-Möglichkeiten kennenzulernen und im beruflichen Kontext zu diskutieren.«
  • Für einige Teilnehmenden war es ein Augenöffner, dass modernes Learning Design auch zum Ziel hat, den Lernenden zum Lehrenden zu machen.
  • Manch ein Teilnehmender äußerte sich fast philosophisch: »Lehren hat auch viel mit Nicht-Wissen zu tun. […] Ich habe gemerkt, dass ich in der Haltung »Ich habe keine Antwort“« viel mehr lernen kann. Vielleicht ist das manchmal ganz gut – zurückzutreten.«

Daniel Goetz