Fast alle Unternehmen haben sich, nun schon vor längerer Zeit, mit ihren Werten beschäftigt, sie oft niedergeschrieben und im Unternehmen verteilt. Eine bedeutsame Quelle war oft die Erinnerung an die »Philosophie« der Gründer und deren Worte, oft späte Worte. Die Werte bildeten das Rückgrat der Organisation und ergänzten die Visionsprozesse. Leitend war dabei ein Zitat von Odo Marquard: »Zukunft braucht Herkunft«. Heute sind sie eine Grundlage der »Purpose«-Prozesse. Es geht immer um die Antwort auf die Frage: Wer sind wir und wer und wie wollen wir sein?
Nun sind diese Werte, die ja oft als zeitlich stabil, ja überzeitlich verstanden werden, tatsächlich Werte einer alten Welt. Und so stellt sich die Frage: Brauchen wir einen neuen Werteprozess? Und sollte er diesmal weniger Top Down, als vielmehr unter Einbeziehung des sozioökologischen Umfelds gestaltet werden?
Werte, gemeinsam getragen, sind umso wichtiger, je mehr Autonomie und Selbststeuerung eine Organisation anstrebt. Sie sind unverzichtbarer Teil einer indirekten Steuerung, geben den relativ frei operierenden Einheiten ein gemeinsames Fundament und erhöhen so die Möglichkeit, Freiheitgrade zu erweitern und die hierarchische, direkte Steuerung zu reduzieren.
Wie wichtig neue, beteiligende Werteprozesse sind, kann man beim Thema Diversity deutlich sehen. In dem Versuch die Diversität eines Unternehmens zu erhöhen gestalten wir heute Inklusionsprogramme, und obwohl wir ja gerade den Unterschied wollen, ist die Hintergrundlogik oft ein »sich einpassen sollen«. Die widersprüchliche Botschaft lautet: Seid anders, unterschiedlich, aber bitte im Rahmen unserer Kultur. So wollen wir ein diskriminierungsfreies Miteinander im Kontext unserer Kultur, Herkunftskultur. Möchten wir tatsächlich ein globales Unternehmen und wirklich ein gemeinsames Haus für »Diversität« sein, wird man die alten Werte einer intensiven Revision unterziehen müssen. Dies muss so geschehen, dass die Diversität nicht bloß mitgedacht, inkludiert wird, sondern so, dass sich eine gemeinsame Identität der Unterschiede bildet.
Neue, aus dem diversen Kollektiv entstandene Werte könnten Angehörigen anderer Lebenskonzepte, anderer kultureller Herkunft und anderer Lebensgeschichten die Möglichkeit geben, sich in den Werten ihres Unternehmens wiederzufinden. Dann wäre es auch berechtigt, von globalen Unternehmen zu sprechen und nicht nur von global vertretenen Unternehmen.
SYNNECTA hat mit TheQuestBySynnecta einen Prozess beschrieben, der hier ein wichtiger Wegweiser sein kann.
Rüdiger Müngersdorff