Most history books focus on the ideas of great thinkers, the bravery of warriors, the charity of saints and the creativity of artists. They have much to tell about the weaving and unravelling of social structures, about the rise and fall of empires, about the discovery and spread of technologies. Yet they say nothing about how all this influenced the happiness and suffering of individuals. This is the biggest lacuna in our understanding of history. We had better start filling it.

Es kommt nicht oft vor, dass ein Geschichtsbuch ein Bestseller wird. Der Autor Yuval Noah Harari, der an der Universität Oxford in England promoviert hat und zur Zeit als Geschichtsprofessor in Jerusalem tätig ist, hat das mit einem Werk geschafft, das den leicht ironisch anmutenden Titel »Sapiens. A Brief History of Humankind« (»Eine kurze Geschichte der Menschheit«) trägt. Ironisch, weil der Zeitraum, den er beleuchtet, nicht weniger als 2,5 Millionen Jahre umfasst, von der Entstehung der ersten Menschenarten in Afrika bis heute. Das Buch ist mit knapp 500 Seiten auch nicht kurz, aber äußerst kurzweilig.

Harari argumentiert in einer glasklaren Sprache, seine Thesen sind logisch aufgebaut und sehr gut nachvollziehbar. Sogar schwierige Konzepte erklärt er fast nebenbei auf leicht verständliche Art, von der Relativitätstheorie bis zum Bankensystem, das zur Wirtschaftkrise 2009 geführt hat. Dabei holt er jeden Leser völlig ohne historische Vorkenntnisse ab. Die Geschichte der Menschheit wird in diesem Buch weder als Fortschrittsgeschichte präsentiert, noch als Untergangsszenario. Harari beschreibt sie ganz nüchtern, ohne Pathos, wodurch seine Aussagen umso effektiver rüberkommen. Zugespitzte Gegenüberstellungen machen das Buch unterhaltsam zu lesen, wobei einem das Lachen manchmal im Hals steckenbleibt.

Die extrem großen Zeiträume, die der Historiker betrachtet, ergeben originelle Perspektiven: Vor 200.000 Jahren entstand die Menschenart, der wir heute angehören, Homo Sapiens. Ewig lang existierten wir dann als nur eine von mehreren Menschenarten, bis wir es vor rund 13.000 Jahren schafften, alle anderen Menschenarten ausgerottet zu haben. Wenig später, vor 12.000 Jahren, wurden wir sesshaft und verlagerten uns vom Jagen und Sammeln auf die Landwirtschaft. Das war, wie Harari überzeugend argumentiert, einer der katastrophalsten Entwicklungsschritte für das Glück des Individuums: Anstatt den ganzen Tag lang genau das zu tun, wofür die Natur unseren Körper und unsere Psyche über viele Jahrtausende hinweg geformt hat – Jagen und Sammeln –, fingen wir an Tiere zu halten und Ackerbau zu betreiben. Damit einher gingen alle möglichen Nachteile: längere Arbeitszeiten, eine unangenehmere Art der Arbeit, alle möglichen Krankheiten – von Tieren übertragene Seuchen bis Rückenschmerzen –, ein einseitigeres Nahrungsangebot, soziale Hierarchien und Ausbeutung.

Harari schlägt nun nicht vor, dass wir uns bemühen sollten, zu einem Leben als Jäger und Sammler zurückzukehren. Das sei sowieso unmöglich. Er erklärt nur, dass unsere Art zwar von dieser Entwicklung profitierte – wir sind mehr als je zuvor –, der Einzelne aber wahrscheinlich deshalb nicht glücklicher wurde. Genauso könnte man, so Harari, auch Nutztiere, die meist elende Existenzen führen, oder Weizen von einer evolutionären Perspektive aus als erfolgreiche Art ansehen.

Das Buch dürfte für alle lesenswert sein, die immer schon Antworten auf folgende Fragen wissen wollten: Was hat Homo Sapiens, was der Neandertaler oder Homo floresiensis nicht hatten? Was ist sein Erfolgsgeheimnis? Welche Rolle spielten Religion, Sprache, Schrift und Geld in der Evolution? Was macht Menschen wirklich glücklich? Gibt es Gerechtigkeit in der Geschichte? Warum kommen Frauen im Machtgefüge meist schlechter weg? In welche Richtung entwickelt sich die Menschheit? Was passiert, wenn der Mensch durch moderne Technik die Mechanismen der natürlichen Auslese ausschaltet und selbst zum Schöpfer wird?

Yuval Noah Harari: Sapiens. A Brief History of Humankind
Harvill Secker 2014 | 456 Seiten

Auf deutsch ist das Buch im Pantheon Verlag erschienen.

Sabine Anders