»Welt im Aufbruch« – Booklaunch bei der Mercator Stiftung Berlin

Das Buch »Anders wirtschaften – Integrale Impulse für eine plurale Ökomomie« weist Wege für ein systemisches Verständnis von Gesellschaft-Organisation und Führung.

Eine etwa 30köpfige Gästeschar, bunt gemischt aus Start-up-Szene und Entrepreneuren, Business Angels, Repräsentanten von Instituten und Universitäten bekundete am Dienstag, 10. Januar 2017 lebhaftes Interesse und Diskussionsfreude zum gesetzten Thema. Eines kristallisierte sich in der vom Projektzentrum Berlin des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie ausgerichteten Veranstaltung heraus (sowohl in den drei Vorträgen zu Buchthemen als auch in der darauffolgenden Diskussion und den sich immer wieder neu formierenden Gesprächsrunden beim anschließenden Get together): Eine Welt im Aufbruch braucht aufbruchs- und risikofreudige Denker und Umsetzer.

Der Mitherausgeber des Buches »Anders wirtschaften«, der Berater und Entwickler von Organisationen und Führungspersönlichkeiten Jens Hollmann, fasste die Herausforderung für Organisationen und deren Führungsebenen in der Erkenntnis zusammen:

»Es gibt das Risiko, welches nicht einzugehen wir uns nicht erlauben können.«

Wer in einer Welt zunehmender Diversität und sich daraus entwickelnden diversen bis sich widersprechenden Herausforderungen, in einer Welt, in der immer mehr Facetten von Komplexität wahrnehmbar werden und in der Entwicklungen sich förmlich selbst überholen – wer sich in einer solchen Welt, für die das Attribut »kompliziert« zu eng und kurzgegriffen ist, wegduckt, auf vertraute Lösungen vertrauend – der wird morgen keine Rolle mehr spielen. Und es sind nicht die Dystopien, Negativszenarien einer nicht mehr verständlichen Welt, die uns für die Zukunft reifen lassen. Es sind einzig, so Hollmann, die Utopien, die Szenarien projizieren, deren mögliches Erreichen auch die damit verbundenen Risiken, etwa die des Scheiterns, mehr als rechtfertigt. Zumal Scheitern den Blick für weitere Optionen öffnet und das Bewusstsein für Erfolg evoziert.

Welcher gesellschaftliche Bewusstseinswandel hin zur Nachhaltigkeit, in ihrer Dreifaltigkeit sozialer, ökonomischer und ökologischer Relevanz, unsere Gegenwart, mehr noch die avisierte Zukunft charakterisiert, legte Prof. Dr. Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Institiuts (WI) und Mitautor des Buches »Anders wirtschaften« dar.

»Wir hatten alle Sehnsüchte«

Was dieser Bewusstseinswandel für organisationale Strukturen und Prozesse bedeutet, welche bereits in der Praxis bewährte Modelle hier zur Verfügung stehen, erläuterte die Kommunikationsberaterin Katharina Daniels, Mitherausgeberin und Autorin des Buches »Anders wirtschaften« in ihrem Beitrag »Wir hatten alle Sehnsüchte« – ein Zitat, das einem Transformationsprozess in einem deutschen Traditionsunternehmen entlehnt ist, in dem es nun keine klassischen Organigramme und Hierarchien mehr gibt, in dem alle Handelnden im Unternehmen – von der strategischen Ebene bis zum Mitarbeiter an der Maschine in ihren Rollen und Funktionen den Erfolg ihres Unternehmens (mit-)verantworten.

Wie Modellen Lebensatem eingehaucht wird

Es gibt Modelle, die einen solchen Bewusstseinswandel in der Organisation unterstützen und fördern, wie das »Urban Gardening« des Beratungshauses SYNNECTA, in dem die im Organigramm nicht existenten Mitarbeiter-Communities entdeckt und eingebunden werden – oder das aus der amerikanischen Wirtschaft entstammende Betriebssystem fürs Unternehmen »Holacracy«, mit seiner Verlagerung von personenbezogener Hierarchie zu aufgabenbezogener Verantwortung. Oder den Kompass für Collective Leadership, der sechs Bewusstseins- und Führungskompetenzen auffächert, die in komplexen Projekten den Weg öffnen für Transparenz und Verantwortungsteilung zugunsten des gemeinsamen Vorhabens.

Anders wirtschaften – Buchpräsentation am 10. Januar 2017 in Berlin

Urban Gardening im Unternehmen
Die dynamisch vernetzte Organisation: Wie Communities jenseits des Organigramms Potenziale freisetzen und Wandel ermöglichen

von Jörg Müngersdorff und Rüdiger Müngersdorff

Unternehmen nutzen ihre Potenziale nicht – in seltener Einhelligkeit gelangen Wirtschaftsforschungsinstitute zu übereinstimmenden Analyseergebnissen, die lediglich in den Prozentangaben schwanken. Die Ursachen der unzureichenden Potenzialausschöpfung werden entweder im Führungsverhalten, in der Struktur des jeweiligen Unternehmens oder aber in den Prozessen gefunden. Natürlich tragen alle Faktoren zu der Situation bei – wobei Korrekturen an einer einzelnen Stelle in der Regel nicht viel bewirken.

In unseren Ausführungen wollen wir nicht in den Wettkampf um die beste Nahtstelle der Intervention einsteigen, sondern eine Arbeitsweise vorstellen, die jenseits eines Organigramms die Beziehungen in einem Unternehmen auslotet. Unternehmen bestehen aus Beziehungen, aus Relationen. Neben der vertikalen Organisation gibt es eine lebendige und oft ungenutzte laterale Organisationsrealität. Diese zu erkennen und mit ihr zu arbeiten, kann statt starrer Strukturen Dynamik in der Organisation auslösen. Wir wollen zeigen, dass in dynamischen Organisationen das vorhandene Potenzial mehr und besser genutzt wird und dass ein Weg zur dynamischen Organisation ein neues Verständnis von Gemeinschaftlichkeit ist.

Fragt man Unternehmen danach, wie sie organisiert sind, erhält man in aller Regel ein Organigramm. Dieses spricht von Funktionen, Verantwortungen, von Hierarchie, es zeigt Berichtswege und Kommunikationskanäle. Letztere beschreiben die Kommunikationskaskade, die in den meisten Unternehmen das Rückgrat der internen Kommunikation ist. Manchmal werden die Organigramme auch um Verantwortungscharts ergänzt. Offen bleibt, was in dem weißen Raum zwischen den Kästen eigentlich geschieht. Hier in den Zwischenräumen sehen wir ein großes Potenzial zur Entwicklung einer Organisation.

Im ersten Teil unserer Ausführungen im Buch Anders wirtschaften: Integrale Impulse für eine plurale Ökonomie, herausgegeben von Jens Hollmann und Katharina Daniels, beschreiben wir auf Basis typischer Problemstellen in Unternehmen die klassischen Hemmnisse für die Dynamisierung einer Organisation. Im zweiten Teil betrachten wir die soziale Realität des Unternehmens aus einem noch sehr ungewohnten Blickwinkel. In dieser Perspektive werden grundsätzliche menschliche Eigenschaften wie Kontaktbedürfnis, Beziehungswunsch, Hilfsbereitschaft, Neugier und Interesse sichtbar und können zugunsten der Dynamisierung des Unternehmens genutzt werden. Dies bedeutet, dass Verantwortung in einem tieferen Maße wahrgenommen wird als bisher, also auch die Beziehungen zwischen den Kästen des Organigramms wirksam werden, und dass Wissen sowie Informationen schneller fließen.


 

Der Text wurde entnommen aus dem Buch
»Anders wirtschaften. Integrale Impulse für eine plurale Ökonomie«
Herausgegeben von Jens Hollmann und Katharina Daniels
Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden 2012, 2017
Weitere Informationen und Bestellmöglichkeit unter www.anders-wirtschaften.eu

Buchpräsentation am 10. Januar 2017 in Berlin
bei der Mercator Stiftung am Hackeschen Markt
ProjektZentrum Berlin der Stiftung Mercator, Neue Promenade 6, 10178 Berlin

Das 21. Jahrhundert erlebt eine Welt im Umbruch – ökonomisch, ökologisch, sozial. Die Forderung nach einer »großen Transformation« prägt die aktuelle gesellschaftliche Debatte. Sie stellt in besonderem Maße Anpassungsherausforderungen an Organisationen und deren Führung. Dennoch sind die Debatten über gesellschaftliche Transformation auf der einen und von Organisationen und Führung im Aufbruch auf der anderen Seite kaum miteinander verbunden. Das Buch »Anders wirtschaften« baut Brücken und verknüpft diese Perspektiven miteinander. Es verbindet die Arbeit von Think Tanks der gesellschaftlichen Transformation, wie dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie, mit den Konzepten führender Begleiterinnen und Begleiter moderner Organisations- und Führungsprozesse.

Am Abend des 10. Januar 2017 diskutieren Katharina Daniels, Jens Hollmann und Uwe Schneidewind darüber, wie eng gesellschaftliche, organisationale und individuelle Transformationsprozesse miteinander verwoben sind und wechselseitig voneinander profitieren können. Die Buchpräsentation übernehmen:

  • Prof. Dr. Uwe Schneidewind, Mitautor, Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt Energie
  • Jens Hollmann, Herausgeber und Autor, Berater für Organisations- und Führungskräfteentwicklung in Transformationsphasen
  • Katharina Daniels, Herausgeberin und Autorin, Kommunikations- und PR-Beraterin
  • Moderator: Douglas F. Williamson (Collective Leadership Institute)

Anmeldungen zur Buchpräsentation am Dienstag, 10. 1.2017, 18 Uhr richten Sie bitte an:

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH
Sekretariat Büro Berlin, ProjektZentrum Berlin der Stiftung Mercator
Neue Promenade 6, 10178 Berlin
E-Mail: kristina.wagner@wupperinst.org